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Ich habe ja schon öfter erwähnt, dass ich kein Thomas-Mann-Fan bin. Die Bücher von seinem Bruder Heinrich haben mir immer besser gefallen, auch “Mephisto” von Klaus Mann habe ich gerne gelesen. Allerdings ist mein Interesse an der Familie Mann sehr groß, vor allem seitdem ich 2001 den Fernseh-Dreiteiler “Die Manns – Ein Jahrhundertroman” von Heinrich Breloer gesehen habe. Diese dysfunktionale Familie fasziniert mich sehr. Daher habe ich auch die vor kurzem erschienenen Bücher über Thomas Mann und seine Kinder Erika und Klaus Mann sehr gerne gelesen. von Sybille
1. Volker Weidermann: Der Mann vom Meer
Das Meer spielt in Thomas Manns Romanen immer wieder eine Rolle, “auch dann, wenn nicht ausdrücklich davon die Rede ist”, wie er selber einmal schrieb. Auch in seinem Leben zog es ihn häufig ans Meer. Volker Weidermann betrachtet das Leben und Werk Thomas Manns in “Der Mann vom Meer” aus diesem Blickwinkel. Dabei schildert er vor allem Lebensabschnitte, in denen das Meer eine wichtige Rolle spielte. Thomas Mann verbrachte mit sieben Jahren zum ersten Mal einen Urlaub in Travemünde an der Ostsee, von da an ließ ihn das Meer nicht mehr los. Schon seine Mutter, die aus Brasilien stammt, fand Trost am Wasser. Vom Meer ließ sich Thomas Mann auch zum Schreiben inspirieren. Diese Liebe zum Meer hat mir den Schriftsteller schon fast sympathisch gemacht, was aber vielleicht auch daran liegt, dass Weidermann mit viel Wärme, Sympathie und Respekt über den Nobelpreisträger schreibt. In Manns Lieblingstochter Elisabeth Mann-Borgese lebte die Liebe zum Meer übrigens weiter. Sie setzte sich ihr Leben lang als Meeresrechtlerin und Ökologin für die Ozeane ein. “Mann vom Meer” ist bei Kiepenheuer & Witsch erschienen.
2. Thomas Medicus: Klaus Mann – Ein Leben
Hatte “Mann vom Meer” bei mir durchaus Sympathien für Thomas Mann geweckt, so wurden diese durch das Buch “Klaus Mann – Ein Leben” quasi im Keim wieder erstickt. Klaus Mann war das zweitälteste Kind von Katia und Thomas Mann und sein Leben kann durchaus als tragisch bezeichnet werden. Thomas Medicus schildert es beginnend bei der idyllischen Münchner Kindheit über die Karriere als Autor und Dandy in der Weimarer Republik, bis zur Emigration in die USA. Klaus Mann reiste wie ein Getriebener durch die Welt, konsumierte Drogen, ergab sich den verschiedensten Ausschweifungen. Schon von Jugend an hegt er einen immer wieder auftauchenden Todeswunsch. 1949 setzte er seinem Leben in Cannes ein Ende. Das Leben Klaus Manns war bestimmt durch den Konkurrenzkampf mit dem übermächtigen und nicht gerade liebevollen Vater. Es ist gruselig, wie distanziert sich Thomas Mann über seinen Sohn (aber auch seine anderen Kinder) äußerte. Klaus Manns Leben ist auch durch seine politischen Kämpfe und das enge Verhältnis zur Schwester Erika geprägt. Die Geschwister erregten zusammen nicht nur in der Weimarer Republik, sondern auch als Mann Twins in den USA enormes Aufsehen. Klaus Mann war rastlos Reisender und Schreibender, Dandy und Junkie – eine komplexe, schillernde Persönlichkeit, immer auf der Suche nach ein wenig Ruhe. Seine Eltern haben sein Grab in Cannes übrigens nie besucht. “Klaus Mann. Ein Leben” ist bei Rowohlt erschienen.
Unda Hörner: So lange es eine Heimat gibt
Unda Hörners Bücher habe ich schon häufiger empfohlen, z.B. Brecht und die Frauen, Nancy Cunard und 1929. Ihr Roman über Erika Mann “So lange es eine Heimat gibt” beginnt 1949 – und hat meine Sympathien für Thomas Mann ebenfalls nicht befeuert. Die älteste Tochter von Katia und Thomas Mann begleitet die Eltern nach Jahren des Exils auf ihrer Europareise. Sie ist zur Sekretärin und Organisatorin des Vaters geworden und unterstützt ihn in jeder Hinsicht. Thomas Mann soll in Deutschland der Goethe-Preis verliehen werden, da trifft die Nachricht von Klaus Manns Freitod ein. Der Kontakt zum Bruder war zwar nicht mehr so eng wie in der Kindheit oder in der Weimarer Republik, aber Erika sieht sich als seine Nachlassverwalterin und beginnt die Unterlagen von Klaus zu ordnen. Dabei erinnert sie sich an das gemeinsame Leben. Unda Hörner verwebt die Biografie von Erika Mann geschickt mit politischen Ereignissen und schafft ein eindrückliches Leseerlebnis. Für mich war sehr interessant, wie politisch engagiert Erika Mann war. Sie setzte sich nachdrücklich für Demokratie ein und musste immer wieder feststellen, wie sehr die Nachkriegsrepublik von ehemaligen Nazis durchsetzt war. “So lange es eine Heimat gibt” ist bei Ebersbach & Simon erschienen.
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