Sybilles Bücherschau: 10 Buch-Geschenke zum Weihnachtsfest
Sybille

Die Weihnachtstage halten für Euch hoffentlich neben jeder Menge Familien- auch etwas Lesezeit bereit. Denn es gibt so viele neue wunderbare Bücher, deren Lektüre sich für einen Nachmittag auf dem Sofa einfach anbietet und die Ihr unbedingt auf Eure Wunschliste setzen solltet! Ich habe für Euch wieder eine bunte Mischung zusammengestellt, u.a. Bücher für Filmfans, spannende Biografien, eine Erzählung über Autismus und eine Wiederentdeckung. von Sybille

1. Ivy Compton-Burnett: Ein Haus und seine Hüter

Was für ein böses Buch! Das meine ich absolut positiv, denn Ivy Compton-Burnett (1884-1969) beschreibt in „Ein Haus und seine Hüter“ die Welt der viktorianischen Familien Edgeworth so unterhaltsam und treffend, dass man auf der einen Seite noch lacht und auf der nächsten Seite fassungslos den Kopf schüttelt. Das beginnt schon mit der Anfangsszene, in der sich die Familie auf das Weihnachtsfest vorbereitet. Hausherr Duncan Edgeworth sitzt mit seiner Frau Ellen am Frühstückstisch und es entwickelt sich ein funkelnd fieser Dialog. Die Unterhaltung mit ihren Kindern wird ähnlich fortgeführt und im Weihnachtsgottesdienst geht es mit den kleinen Gemeinheiten weiter. Es folgen eine heimliche Affäre, eine Scheidung und ein Mord im Kinderzimmer. Wie die große Schriftstellerin Hillary Mantel im Vorwort schreibt: „Die vergnüglichste Geschichte über menschliche Niedertracht, die Sie jemals gelesen haben.“ „Ein Haus und seine Hüter“ ist in der Reihe „Die andere Bibliothek“ nun erstmals auf Deutsch im Aufbau Verlag erschienen.

Gewusst? Ivy Compton-Burnett…

… zählt zu den wichtigsten Stimmen der englischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Sie schrieb zwanzig Romane, die das Leben der viktorianischen Oberschicht in messerscharfen Dialogen festhalten und familiären Dysfunktionen eine Bühne geben. Ihre Werke spielen häufig in der Edwardianischen Ära, zeichnen sich durch scharfsinnige Beobachtungen zwischenmenschlicher Beziehungen und sozialer Machtstrukturen aus. Trotz der minimalistischen Handlung und begrenzten Schauplätze ihrer Bücher gelten ihre Romane als literarisch anspruchsvoll und psychologisch tiefgründig. Zu ihren bekanntesten Werken zählen Manservant and Maidservant (1947) und A House and Its Head (1935).

 

2. Viktoria Lloyd-Barlow: All die kleinen Vogelherzen

All die kleinen Vogelherzen“ ist eines der interessantesten Bücher, die ich in diesem Jahr gelesen habe. Sunday lebt mit ihrer sechzehnjährigen Tochter Dolly noch in dem Haus, in dem schon sie aufgewachsen ist. Sie verhält sich anders als viele Menschen, isst zum Beispiel fast ausschließlich weißes Essen. Sie beobachtet das Verhalten anderer genau und versucht, es sich anhand eines Ratgebers aus den 50er Jahren zu erklären. Des Rätsels Lösung: Sunday ist Autistin. Doch dann zieht Vita mit ihrem Mann nebenan ein und eine Freundschaft entsteht. Sunday und Dolly sind zunehmend fasziniert von Vita, die das Leben von Mutter und Tochter immer weiter okkupiert. Die Autorin Viktoria Lloyd-Barlow ist selbst Autistin und sie beschreibt das Leben mit dieser neurodiversen Ausprägung entsprechend authentisch. Über der Erzählung liegt eine Spannung, die ahnen lässt, dass nicht alles so schön ist wie es scheint. Das Buch war zu Recht in England für den Booker Prize 2023 nominiert. „All die kleinen Vogelherzen“ ist im Goya-Verlag erschienen.

3. Bram Stoker: Das Geheimnis der See

Den Namen Bram Stoker (1847–1912) verbindet man zunächst einmal mit dem Schauerroman „Dracula“. Doch der irische Schriftsteller hat neben seinem bekanntesten Werk zahlreiche Kurzgeschichten, Sachbücher und elf Romane geschrieben. Darunter auch „Das Geheimnis der See“, das jetzt in einer liebevoll gestalteten Version im Mare Verlage erschienen ist. Der Geschäftsmann Archie Hunter ist nach Cruden Bay gereist, wo er von merkwürdigen Visionen heimgesucht wird. Eine unheimliche alte Gormala scheint alles darüber zu wissen und bringt Archie auf die Spur eines uralten Rätsels, das mit einem Überfall der spanischen Armada im 16. Jahrhundert seinen Anfang nahm und zu einem verschwundenen Schatz führt. Zusammen mit der klugen Amerikanerin Marjorie knackt Archie den Geheimcode, hinter dem er des Rätsels Lösung vermutet. Doch das ist noch nicht alles… Eine wunderbare Mischung aus Schauer- und Abenteuer-Roman und ein schöner Einstieg in die Welt des Bram Stoker, der neben seiner literarischen Arbeit viele Jahre als Manager des Lyceum Theatres in London tätig war und eng mit Sir Henry Irving zusammenarbeitete.

In „Ein Haus und seine Hüter“, „All die kleinen Vogelherzen“ und „Das Geheimnis der See“ ist nicht alles so, wie es scheint…

4. Barbra Streisand: Mein Name ist Barbra

Dieses Buch hat Gewicht – im wahrsten Sinne des Wortes, denn die über 1000 Seiten umfassende Autobiografie „Mein Name ist Barbra“ von Barbra Streisand, erschienen im Luftschacht Verlag, wiegt mindestens ein Kilo. Die 82-jährige Sängerin und Entertainerin ist eine lebende Legende und hat aus ihrem Leben und ihrer mehr als sechs Jahrzehnte umspannenden Karriere jede Menge zu erzählen. Es geht um ihre Kindheit in New York, ihre Karriere, die Männer – und das Essen. Die New York Times schreibt „Das große Motiv dieses Buches, neben dem Ruhm, sind Snacks.“ Sehr sympathisch! Streisand, die während der Pandemie mit dem Schreiben des Buches begann, ist eine der größten und bekanntesten Stimmen der Popmusik und wurde 46-mal für den Grammy nominiert. Auch als Filmemacherin schrieb sie Geschichte: Sie schrieb und produzierte den Film „Yentl“ nicht nur, sondern führte auch Regie und spielte die Hauptrolle. Und einen Oscar hat sie natürlich auch gewonnen – für ihre Rolle in „Funny Girl“. Ich finde, die Weihnachtstage sind die beste Zeit, um dieses Buch zu lesen und im Anschluss die besten Filme mit ihr zu schauen.

5. Thilo Wydra: Alma und Alfred

Wenn Paare sich beruflich zusammentun, dann funktioniert das mal mehr, mal weniger gut. Bei Alma und Alfred Hitchcock hat es perfekt harmoniert. Aus ihrer fruchtbaren Zusammenarbeit entstand ein unvergleichliches filmisches Werk: 53 Filme, darunter Klassiker wie „Das Fenster zum Hof“, „Psycho“ oder – mein persönlicher Hitchcock-Liebling – „Der unsichtbare Dritte“. Den Ruhm erntete Alfred Hitchcock; Almas erheblicher Anteil am Werk ihres Mannes wurde bislang kaum gewürdigt. Das Thilo Wydra nun mit der ersten Doppel-Biografie „Alma und Alfred“, erschienen bei Heyne nachgeholt. Er erhielt in den Archiven der Oscar Academy Zugang zu unzähligen, teils bislang unausgewerteten Quellen und sprach in Kalifornien mit zwei der drei Enkelinnen von „Hitch“ und Alma, die bewegend und sehr persönlich von ihren Großeltern berichten. Übrigens war Alma bereits vor Hitch im Filmgeschäft als erfolgreiche Cutterin und Drehbuchautorin tätig. Über fünf Jahrzehnte war sie seine wichtigste Beraterin. Alma und Alfred ist . Wenn ihr noch tiefer in das Leben dieses faszinierenden Paares eintauchen wollt, empfehle ich Euch die Filmbiografie „Hitchcock“.

"Mein Name ist Barbra" & "Alma & Alfred Hitchcock"

„Mein Name ist Barbra“ und „Alma und Alfred“ beleuchten das Leben überaus kreativer Persönlichkeiten, die auf unterschiedliche Weise wichtige Teile der US-amerikanischen Unterhaltungsindustrie waren

6. Oliver Fischer: Man kann die Liebe nicht stärker erleben

Und schon wieder Thomas Mann. In „Man kann die Liebe nicht stärker erleben“, erschienen bei Rowohlt, geht es um seine Beziehung zum Maler Paul Ehrenberg. Die beiden begegnen sich erstmals 1899 in einem Münchner Salon. Ehrenberg studiert zu dieser Zeit Tiermalerei, damals ein sehr beliebtes Genre, während Thomas Mann als Redakteur des Simplicissimus arbeitet und an seinem ersten Roman „Buddenbrooks“ schreibt. Paul Ehrenberg erinnert Thomas an seine erste Schulhofliebe und verliebt sich recht schnell in den Maler. Dieser reißt ihn aus seiner Schüchternheit und führt ihn in die Münchner Boheme ein. Die Freundschaft ist lange Jahre sehr eng, doch dann heiratet Thomas Mann. Während er beruflich große Erfolge feiert, bleiben diese Ehrenberg, der ebenfalls heiratet, verwehrt. 1933 trennen sich ihre Wege endgültig: Thomas emigriert in die USA, Paul arrangiert sich mit den Nazis und bleibt. Oliver Fischer schildert die Lebenswege der beiden sehr detailreich und zitiert u.a. aus zahlreichen Briefen und Tagebuch-Einträgen Thomas Manns. Und in denen zeigt sich einmal mehr, was für ein unsympathischer Mensch er gewesen sein muss.

7. Ralf Günther: Die Könige von Babelsberg

Berlin, 1920: Fritz Lang und Thea von Harbou sind das Glamourpaar des frühen deutschen Films. Der Regisseur und die Drehbuchautorin lieben sich – doch beide sind noch verheiratet. Als Langs Ehefrau durch einen Schuss ums Leben kommt, steht Kriminalkommissar Beneken vor der Frage: War es Selbstmord oder Mord? Bei seinen Ermittlungen taucht Beneken in „Die Könige von Babelsberg“ tief in die Welt der Filme und das schillernde Berliner Nachtleben ein – und bringt sich dabei selbst in Gefahr. Ralf Günthers Buch beruht auf einem realen Fall, der jedoch nie vollständig aufgeklärt wurde. Fritz Langs Ruhm könnte ihm damals durchaus geholfen haben, sich aus der Affäre zu ziehen. Thea von Harbou, die mit Lang Meisterwerke wie „Metropolis“ schrieb, war, neben Leni Riefenstahl, eine der umstrittensten Frauen des deutschen Films. Anders als Lang, der später ins Exil ging, arrangierte sich von Harbou mit den Nazis und verfasste Drehbücher im Auftrag des Regimes. Die Schilderungen der Polizeiarbeit und der wilden Zwanziger Jahre sind genau das Richtige für Babylon-Berlin-Fans. „Die Könige von Babelsberg“ ist im Rowohlt Verlag erschienen.

8. Katrin Holland: Man spricht über Jacqueline

Man spricht über Jacqueline“, erstmals 1930 erschienen, gehört in die fabelhafte Wiederentdeckungs-Reihe des Rowohlt Verlages. Hier habe ich schon ein paar Bücher vorgestellt. Die deutsch-amerikanische Autorin Katrin Holland, die nach ihrer Emigration nach Amerika als Martha Albrand bekannt wurde, schrieb zahlreiche Spionage- und Mysteryromane. „Jacqueline“ ist eine amüsant geschriebene Verwechslungs-Tragikomödie. Die bezaubernde Jack ist flatterhaft und bricht reihenweise Männerherzen. Doch dann verliebt sie sich in den tugendhaften Michael, der nur sittsame Frauen mag. Da sie weiß, dass Michael sich niemals in sie verlieben würde – schließlich hat sie einen gewissen „Ruf“ – überredet sie ihre schüchterne Schwester June, ihre Rolle zu übernehmen, während sie selbst als tugendhafte June auftritt. Michael verliebt sich in die falsche Schwester, und die Beziehung scheint glücklich. Doch dann begegnen sich die echte June und Michael und „Man spricht über Jacqueline“ nimmt ein völlig unerwartete Wendung…

9. Marco Meier, Inge Feltrinelli: Das erste Leben

Inge Feltrinelli (1930-2018) kannte ich bisher nur als Verlegerin. Dass sie vor ihrer Ehe mit dem italienischen Verleger und glühenden Kommunisten Giangiacomo Feltrinelli ein aufregendes und abenteuerliches Leben als Fotografin führte, habe ich nun aus dem Buch „Inge Feltrinelli – Das erste Leben“ erfahren. Inge Feltrinelli wurde in Essen geboren und musste als sogenannter „jüdischer Mischling“ kurz vor Kriegsende das Gymnasium verlassen. Sie begann ihre Karriere als Fotografin und wurde 1953 mit einem ikonischen Foto von Ernest Hemingway bekannt, den sie auf Kuba besuchte. Mit einem feinen Gespür für Menschen und Motive setzte sie sich in der männerdominierten Welt des Foto-Journalismus durch und fotografierte u.a. Picasso und Greta Garbo. 1960 lernte sie den Verleger Feltrinelli kennen, folgte ihm nach Mailand, wurde seine dritte Frau und übernahm nach seinem Tod 1972 den Verlag. Eine spannende Biografie einer unkonventionellen, mutigen Frau. „Inge Feltrinelli – Das erste Leben“ ist bei Rowohlt erschienen.

10. Caroline Peters: Ein anderes Leben

Caroline Peters ist eine großartige Schauspielerin. Besonders geliebt habe ich sie in „Mord mit Aussicht“, gerade ist sie im Kinofilm „Der Spitzname“ zu sehen. Doch sie ist auch eine ernstzunehmende Theaterschauspielerin. Jetzt schreibt sie auch noch – und das richtig gut. Ihr Debütroman „Ein anderes Leben“, erschienen bei Rowohlt, handelt von Hanna, die nacheinander drei Studienfreunde heiratete und drei Töchter bekam. Irgendwann entschied sich Hanna die Familie zu verlassen und allein zu leben. Viele Jahre nach ihrem Tod betrachtet die jüngste Tochter das Leben ihrer Mutter in der Rückschau, denkt über ihre so ganz andere Kindheit nach – ein Leben zwischen Bürgerlichkeit und Bohème im Rheinland der siebziger und achtziger Jahre. Caroline Peters hat in diesem Buch ihre eigene Mutter porträtiert und das gelingt ihr mit großer Einfühlsamkeit, Leichtigkeit und einem großartigen Humor. Ein sehr persönliches Buch.

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Gleich 5 Titel aus dem Rowohlt Verlag haben es in meine weihnachtliche Bücherschau geschafft!

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