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Zimmerpflanzen galten lange als eher so semi cool. Noch vor 10 Jahren konnte man mit dem “Kleinen grünen Kaktus”, dem Gummi- oder Geldbaum kaum jemanden hinter dem Ofen hervorlocken. Doch das hat sich geändert! Indoor-Gardening bis hin zum “Urban Jungle” gehört zu den stärksten Trends der Living-Szene. Wir wollten darum wissen, zu welchem Wohnstil der grüne Trend passt und haben uns mit Künstler und Hobby-Gärtner Ben Mayer unterhalten.
Zimmerpflanzen: Lange ein eingestaubtes Image
“Hast du vielleicht einen Ableger für mich?” – Diese Frage kenne ich noch gut aus meiner Kindheit. Ablegerpflänzchen wurden unter den Freundinnen meiner Mama ebenso fleißig wie Kuchenrezepte ausgetauscht und die Fensterbänke waren so vollgestopft, dass man die Fenster kaum noch öffnen konnte. Wenn wir in den Urlaub gefahren sind, erhielt mein Großvater jedes Mal lange Instruktionen und musste mindestens zweimal in der Woche zum Gießen vorbeischauen. In meiner Generation hätte man auf diese Frage hingegen eher laut aufgelacht. Denn bis vor etwa 10 Jahren begrünten die meisten jungen Menschen ihre Wohnräume kaum noch mit Zimmerpflanzen – zu eingestaubt das Image, zu umständlich die Handhabe, zu zeitaufwendig die Pflege. Gerade noch eine oder zwei Palmen oder eine Orchidee brachten etwas Natur in die Räume. Doch inzwischen ist es vorbei mit dem Pflanzen-Minimalismus!
53 Quadratmeter & 120 Pflanzen
Im Zuge der Megatrends “Nachhaltigkeit und Naturverbundenheit” interessieren sich wieder mehr Menschen für Wildkräuter und -pflanzen, vor allem aber verwandeln sie auch ihr Zuhause in einen grünen Dschungel – die Grenzen zwischen drinnen und draußen verschwimmen. Verstärkt wird die Entwicklung sicherlich durch die Corona-Krise, denn in Zeiten von Lockdown und Quarantäne dürsten wir danach, uns ein wenig Natur und Lebendigkeit nach Hause zu holen. Flamingoblumen, Calathea, Geranien und sogar das Alpenfeilchen sind zurück! “In den letzten Jahren hat sich das Angebot so stark vergrößert, dass man jetzt viel mehr Möglichkeiten hat, individuell mit Pflanzen zu gestalten,” bestätigt auch Ben Mayer. Der Künstler ist nicht nur Hair & Make-up Artist, Töpfer und Keramikmaler sondern auch begeisterter Hobbygärtner und verwandelte seine 53 Quadratmeter-Wohnung in München mit 120 Pflanzen in eine faszinierende grüne Oase. Wir haben uns mit dem sympatischen Ben über seine grünen Mitbewohner unterhalten!
Ben hat eine Vorliebe für Keramik und töpfert sich neben Kaffeebechern auch Übertöpfe nach seinen Vorstellungen
Ben, Du sagst, Du bist kein Minimalist – warum liebst Du den Urwald um Dich?
Ich würde mich auf jeden Fall als Jäger und Sammler beschreiben. Beruflich bin ich viel unterwegs und nehme mir gerne „Souvenirs“ mit. Mein Highlight war, dass ich letzten Herbst auf Rügen, nachts nach stürmischem Wetter einen 5 cm großen Bernstein im Wasser zwischen Unmengen von Algen gefunden habe. Mit meinen Pflanzen ist das ähnlich: Ich entdeckt online oder im Fachhandel Raritäten, die schon auf meiner Must-have-Liste standen oder von denen ich noch nicht wusste, dass ich sie haben muss. Einige meiner Schätze stammen in der Tat auch von Ablegern meiner Freunde.
Welche Zimmerpflanzen sind denn momentan angesagt?
Ich weiß gar nicht, ob es DIE Trendpflanze gibt. Ich sehe das eher so wie in der Mode. Da existieren auch zeitlich so viele Trends nebeneinander. Wobei ich gestern entdeckt habe, dass das Dehner Gartencenter jetzt die Monstera „Thai Constellation“ für 799 Euro verkauft. Somit steht diese Rärität zumindest preislich Designer-Ware in nichts nach.
Ich persönlich habe momentan ein totales Faible für Stapelien und Erdorchideen. Angesagt sind z.B. die Ufopflanze (Pilea peperomioides), die man auf jedem zweiten Insta-Bild sehen kann, der etwas bizarr wachsende ZickZack-Strauch (Corokia cotoneaster) und natürlich das Fensterblatt (Monstera philodendron) mit seinen großen dekorativen Blättern.
Du hast nicht nur einen Indoor-Garten, sondern auch einen kleinen Schrebergarten in München. Woher stammt Deine Liebe zum Gärtnern?
Die Liebe zum Gärtnern und das Interesse an Pflanzen waren schon immer da; Gärtner bzw. Florist war als Kind mein Traumberuf. Ich war immer fasziniert von den Gärten meiner Großtanten und habe mir alle Pflanzen erklären lassen.
Besonders pflegearm: Sansiverien (links) und die Steckenpalme (rechts)
Welche Zimmerpflanzen sind denn besonders pflegearm?
Eine meiner Lieblingspflanzen, die, wie ich finde, total unterschätzt wird, ist die Rhapis excelsa, zu Deutsch Steckenpalme. Ich finde ihre Wuchsform besonders spannend und die Palme kommt sensationell in dunklen Ecken zurecht. Nur das sehr kalkhaltige Münchner Leitungswasser kann ihr etwas zu schaffen machen. Oft bringe ich für meine beiden Exemplare extra Regenwasser aus meinem Schrebergarten mit nach Hause. Ansonsten kommen Zamioculcas und auch Sansiverien sehr gut mit wenig Licht sowie auch weniger Wasser zurecht.
Kannst Du überhaupt mal in den Urlaub fahren?
Auf jeden Fall! Ich bin ja sowieso super viel beruflich unterwegs. Wenn es nicht gerade ein besonders heißer Sommer ist, kommen meine Pflanzen auch gut bis zu fünf Tagen ohne meine Pflege zurecht. Und falls ich dann doch mal wieder länger unterwegs sein sollte, gießt eine liebe Freundin, die gleich um die Ecke arbeitet.
Der 38-jährige gebürtige Oberbayer Ben Mayer hat eine Leidenschaft für Pflanzen und andere Schätze aus der Natur
Welcher Wohnstil passt zum “Urban Jungle”?
Gegenfrage: Zu welchem Wohnstil passen Pflanzen nicht? Ich persönlich finde, dass selbst in einem total minimalistischen Umfeld zum Beispiel eine komplett bepflanzte Wand kein Stilbruch ist. Außerdem gibt es Pflanzen in so vielen unterschiedlichen Wuchsformen und auch Farben – da findet sich auf jeden Fall für jeden Wohnstil etwas.
Man hört immer wieder, dass Pflanzen nicht ins Schlafzimmer gehören…
… also ich habe etwa fünfzig Pflanzen in meinem Schlafzimmer stehen und hatte noch nie Atemnot. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Zimmerpflanzen nachts mehr Sauerstoff verbrauchen als ein Mensch. Es gibt allerdings auch Arten, die nachts keinen Sauerstoff benötigen, wie zum Beispiel viele Orchideenarten.
Ein Einblick in Bens grünes Paradies: zu sehen sind u.a. Panaschierter Gummibaum, Strahlenpalme, Federspargel Asparagus Setaceus, Hoya, Sedum Morganianum Burrito, Ficus Lyrata und Geldbaum (von links nach rechts)
Wie gestalte ich denn einen Indoor-Garten?
Ich stelle die meisten Pflanzen in kleine Gruppen und achte darauf, dass die unterschiedlichen Blattstrukturen und Farben spannend miteinander wirken. Außerdem kann man mit den verschiedenen Wuchshöhen spielen und auch einige Pflanzen von der Decke oder Schränken herunterranken lassen. Natürlich muss man auf die Lichtbedürfnisse der einzelnen Arten achten, sonst werden sich diese nicht wie gewünscht entwickeln. Dann platziere ich auch noch Solitärpflanzen in besonders schönen Übertöpfen z.B. auf meinem Coffee-Table oder auf meinem Sideboard.
Hast Du Empfehlungen für schöne Übertöpfe? Töpferst Du Dir eigene?
Tatsächlich habe ich schon sehr viele Pflanzgefäße selbst hergestellt. Oft gab es nichts, was so richtig gepasst hätte.
Generell bin ich ein großer Fan von Terrakotta und Keramik. Viele schöne Töpfe habe ich auch im Gartencenter Seebauer im Außenbereich gefunden. Der Onlineshop Plant Circle hat auch immer eine tolle Auswahl an Pflanzgefäßen und mein lieber Freund Igor Josifovic hat gerade seine eigene Pflanzenkollektion in Kooperation mit Blume 2000 zusammengestellt. Diese beinhaltet unter anderem ganz tolle Hängetöpfe. Schaut da unbedingt mal vorbei!
Vielen Dank für das inspirierende Gespräch lieber Ben!
Wer sind jetzt noch weiter informieren möchte, dem lege ich diesen ausführlichen Ratgeber zum Thema Zimmerpflanzen sehr ans Herz. In den Infografiken erfahrt Ihr unter anderem, welche Pflanze sich für welchen Wohnraum und sogar für welchen Zimmerplatz besonders gut eignet. Den Wohnstil “Urban Jungle” haben wir Euch bereits in unserem Artikel Blumen-Stile: Diese Pflanzen passen zu Eurem Interieur vorgestellt.
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Danke für den wunderbaren Artikel. Ich habe auch gleich die Webseite von Plant Circle aufgerufen, vielleicht bestelle ich da mal. Leider muss ich sagen dass ich mit Pflanzen, die ich über Online-Shops erworben habe, noch nie Glück hatte. Sie sind spätestens nach zwei Jahren gestorben. Wer nicht schlecht ist, ist Dehner. Bei wem ich noch nie Pech hatte mit Pflanzen, ist Aldi. Stimmt wirklich, ich kaufe immer die kleinen, sie fühlen sich noch nach Jahren wohl und wachsen teilweise bis zur Decke. Bei vielen Pflanzen habe ich den Eindruck, sie werden für ein kurzes Leben gezüchtet und müssen dann sterben. Bekommen die Pflanzen drinnen Schädlinge, helfen meistens Globuli (kein Witz, ich habe es anfangs nicht geglaubt). Der Buchtipp dazu: Homöopathie für Pflanzen von C. Maute. Macht halt Arbeit und man braucht Geduld, da man seine Pflanzen genau beobachten muss. Das sollte aber auch so sein, schließlich sind es Lebewesen.
In diesem Sinne: Pflanzen in der Wohnung kann ich nur empfehlen.
Lina