Unfair Fashion: Der hohe Preis der billigen Mode
Virginia

Akribisch recherchiert, gespickt mit einer Fülle an Daten, Zahlen und Statistiken, informativ, erschütternd, schockierend, ernüchternd, aufrüttelnd – das sind nur ein paar kurze Beschreibungen, die mir zu „Unfair Fashion – Der hohe Preis der billigen Mode“ von der Pariser Modejournalistin Dana Thomas spontan in den Kopf schießen. Dieses Buch ist nicht nur lesenswert für die Weltverbesserer unter uns; es sollte eine Pflichtlektüre für Jeden sein! von Virginia

„In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich die Menge an Kleidungsstücken, welche die Amerikaner wegwerfen, verdoppelt: von 7 Millionen auf 14 Millionen Tonnen. Das entspricht 36 Kilogramm pro Person pro Jahr. Die Europäer bringen es zusammen auf 5,8 Millionen pro Jahr. (…) 2018 erwarb jeder US-Amerikaner im Schnitt 68 Kleidungsstücke, alle Weltbürger zusammen 80 Milliarden. Sollte die Weltbevölkerung, wie es Experten voraussagen, bis zum Jahr 2030 tatsächlich auf 8,5 Milliarden Menschen angewachsen sein, (…) werden wir bei gleichbleibendem Kaufverhalten 63 Prozent mehr Kleidungsstücke kaufen als heute – eine Steigerung von 62 Millionen Tonnen auf 102 Millionen Tonnen. Eine Menge, die (…) 500 Milliarden T-Shirts entspricht.“

Dana Thomas in Unfair Fashion

Das Elend befindet sich außerhalb unseres Gesichtsfeldes

Das Thema “Fast Fashion” ist immer mehr Menschen ein Begriff. Die meisten wissen mittlerweile, dass die günstigen Preise von Zara, H&M, Primark und Co. nur durch die Ausbeutung von Mensch und Umwelt möglich werden. Doch in welchem Ausmaß Fast Fashion unserer Umwelt, den Menschen, die an einzelnen Herstellungsprozessen beteiligt sind, und sogar uns selbst schadet, dürfte den wenigsten klar sein. Es ist allerhöchste Zeit Verantwortung zu übernehmen und das zu ändern! „Mitte des vergangenen Jahrhunderts gab es eine kurze Zeit, in der die Bekleidungsindustrie einiges richtig machte – als die Menschen wussten, wer ihre Kleidungsstücke nähte. (…) Die damalige Nähe sorgte dafür, dass die Verbraucher nicht wegsahen. Das ist heute anders.“, so Thomas. Heute ist es einfach wegzuschauen. Denn: Das Elend, dass durch die Bekleidungsindustrie verursacht wird, befindet sich weit außerhalb unseres Gesichtsfeldes.

Unfair Fashion – Der hohe Preis der billigen Mode. von Dana Thomas

Alle 14 Tage ein neues Kleidungsstück

Was wir wahrnehmen, sind luftig-leichte Werbespots und clever gestrickte Werbekampagnen, die uns weismachen wollen, nur mit dem neuesten Teil aus der neuesten Kollektion schön/erfolgreich/beliebt sein zu können. Nur gibt es mittlerweile keine 4 überschaubaren Kollektionen mehr – Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter – es gibt 52 Kollektionen. Wir kleiden uns nicht jahreszeitlich neu ein, sondern wöchentlich. Und für unfassbar viele Menschen ist das völlig normal. Dana Thomas schreibt: „Die Zielgruppe von Fast Fashion ist jung – 18 bis 24 Jahre alt, eine demografische Gruppe, die gekaufte Kleidung nicht arg lang trägt. Einer Studie der Einzelhandelsunternehmen Kurt Salmon zufolge kauft ein Drittel dieser Gruppe alle 14 Tage ein Kleidungsstück, 13 Prozent sogar allwöchentlich. Sie bestellen online, und bei den Jüngeren unter ihnen – den 18- bis 20-Jährigen – wollen 20 Prozent die Lieferung noch am gleichen Tag erhalten. Sie ziehen das erworbene Kleidungsstück sofort an und machen Selfies, die sie auf Instagram oder Snapchat posten. Danach werfen sie es weg, verschenken es oder verkaufen es, um erneut shoppen zu können.“

Unfair Fashion: Wer bezahlt für diesen Wahnsinn?

Doch wer bezahlt eigentlich für diesen Wahnsinn? Wer ermöglicht es uns überhaupt, derart gedankenlos und achtlos mit unserer Kleidung umzugehen? Es sind die Menschen, die unsere Kleidung produzieren und es ist unsere Umwelt. Näherinnen leisten tagtäglich harte Arbeit in Fabriken, die kaum die Mindestanforderung an Sicherheitsmaßnahmen erfüllen. Junge Männer vollziehen Tag für Tag einen Kraftakt, färben Stoffe und gerben Leder, waten dazu barfuß und ohne Schutzkleidung durch riesige Becken voller Chemikalien, die bis ans Knie reichen. Krebserkrankungen, DNA-Veränderungen, behinderte Kinder – für viele Menschen, die an der Herstellung unserer Kleidung beteiligt sind, sind diese “Nebenwirkungen” eine traurige Realität. Und all das für einen Hungerlohn, der kaum zum Überleben reicht!

„Die Fast Fashion-Revolution hat sich als lukrativ für beinahe die gesamte Industrie erwiesen: 2018 waren fünf der 55 reichsten Personen der Welt Inhaber von Modemarken – die drei Waltons nicht mitgerechnet.“

Dana Thomas in Unfair Fashion

Von Prêt-à-Porter zu Unfair Fashion

Die Abwässer aus den Produktionsprozessen landen in den Gewässern unseres Planeten. Die Kleidung, die mit giftigen Chemikalien behandelt wurde, tragen wir sorglos auf unserer Haut. Menschen leiden, die Umwelt leidet. Wer profitiert, sind die Unternehmen, deren Umsätze sich immer höher schrauben. Einzelne, die immer reicher werden, während die Ärmsten der Armen immer ärmer und kränker werden. „Unfair Fashion“ verfolgt die Entwicklung von Mode ab Beginn der industriellen Revolution und geht jedem einzelnen Prozess in der Herstellung von Fast Fashion nach: vom Entwurf, über die Auswahl von Stoffen, die einzelnen Produktionsschritte bis hin zum fertigen Kleidungsstück sowie dessen Entsorgung. Interessant ist, dass das Buch nicht erst am Ende der Modekette, nämlich den Fast Fashion Marken, ansetzt, sondern erklärt, wie sich die billige Mode aus der Prêt-à-Porter Mode heraus entwickelt. Es geht um Urheberrechtsverletzungen, Korruption und darum, mit welcher Rücksichtslosigkeit die Modeindustrie agiert.

Dana Thomas: Unfair Fashion

Das Buch “Unfair Fashion” von Dana Thomas sollte eine Pflichtlektüre für Jeden sein!

Der Sumpf ist tief und die Probleme vielschichtig

Der Sumpf rund um Fast Fashion ist unglaublich tief und die Probleme vielschichtig. Spätestens nach der Lektüre dieses Buches wird jedem klar sein, dass wir alle in der Pflicht sind, unseren Konsum zu hinterfragen und Verantwortung zu übernehmen. Glücklicherweise ist Unfair Fashion erstklassig recherchiert und weist nicht nur auf die Probleme in der Modeindustrie hin, sondern zeigt konkrete Lösungswege auf; neue Technologien und Ideen sowie eine Handvoll Firmen, die völlig neue Wege einschlagen. Die einfachste Lösung aber liegt auf der Hand: bewusster Einkaufen, vorhandene Kleidung so lange wie möglich tragen und pflegen! Dana Thomas: „Würden wir die Lebensdauer von nur einem Fünftel aller Kleidungsstücke in Europa um 10 Prozent verlängern, würden wir 3 Millionen Tonnen CO2 und 150 Millionen Liter Wasser einsparen und 6,4 Millionen Tonnen von Kleidung vor der Entsorgung bewahren.“

Unser Tipp: Investiert in eine reduzierte, langlebige Garderobe, vielleicht ist Euch unsere Basisgarderobe eine Hilfe

MEHR ZUM THEMA

Newsletter Information

1 Kommentar
  • Merve sagt:

    Sehr wichtiges Thema! Ich finde es toll, dass du dem Thema hier Raum gibst. Die Denkweise unserer Gesellschaft muss sich dringend ändern, um diesem großen Problem endlich entgegenzuwirken.

Hinterlasse doch einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit dem Klicken des Buttons „Kommentar Abschicken“ willige ich in die Übermittlung meiner personenbezogenen Daten ein, zum Zwecke der Veröffentlichung des Kommentars und Kontaktaufnahme im Falle der Klärung inhaltlicher Fragen. Mir ist bekannt, dass ich diese Einwilligung jederzeit ohne Angabe von Gründen mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann. (Datenschutzerklärung, Impressum)
Mit einem Klick auf den Button „Jetzt anmelden“ willige ich in die Übertragung und Nutzung meiner personenbezogenen Daten zur Sendung werblicher e-Mails ein. Diese Einwilligung kann ich jederzeit ohne Angabe von Gründen mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Impressum | Datenschutzerklärung