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Heute gibt es einen neuen Teil aus unserer Reihe: Der Stil meiner Stadt. Und Premiere: Es geht zum ersten Mal rüber nach Österreich! Stefanie ist gebürtige Salzburgerin und wohnt mit ihrer Familie im Grünen, nahe der Stadt. Die promovierte Juristin interessiert sich sehr für Mode, Kulinarik, Natur, Reisen, Italien sowie Traditionen und Werte – und ist damit in Salzburg nicht allein. Auf Instagram findet Ihr sie unter dem Account The preppy Academic.
Stefanie, wie würdest Du den Stil Salzburgs beschreiben?
Ganz klar: Tracht meets Klassik! Der alteingesessene Salzburger trägt gern eine Kombination aus heimatverbundener trachtig-eleganter Mode, die „gewürzt“ ist mit einer Prise weltoffener Kunst- und Kulturaffinität. Spitze Zungen sprechen manchmal vom „Pseudo-Landadel“, der sich z.t. auch in den Verhaltensweisen der Schickeria niederschlägt.
Was ist die liebste Alltagskluft des Salzburgers?
Eine Variation aus klassischen Jeans bzw. hochwertigen Chinos mit heller Bluse und trachtigem Blazer bzw. einer feinen Strickjacke in Linksstrick in Kombination mit auffälligem Ohrschmuck, farbenfrohen Ballerinas oder einem extravaganten Tuch lässt sich in Salzburg sowohl in der Altstadt als auch am Land sehr gut tragen und ist mehr oder weniger immer passend. Oftmals finden sich im Salzbuger Stil neben sportlich-eleganten Kombinationen wie Hemdblusenkleidern zu weißen Sneakers oder klassischen Poloshirts gepaart mit Shorts oder farbenfrohen Röcken in A-Linie auch sehr rustikale Elemente wie Trachtenjopperl, Dirndlkleider, Strickmode und sogar Wachsjacken.
Luxuriöse Walk-Cardigans in fröhlichen Farben gibt’s bei Mirabell Salzburg (hier von Dani vorgestellt)
Was trägt man, wenn man chic ausgeht?
Der Begriff des „chicen“ Ausgehens in Salzburg lässt sich schwer unter einen gemeinsamen Nenner bringen, als Salzburg doch, neben der üblichen Ausgehszene, ein Mekka der Hochkultur – vor dem Hintergrund der Salzburger Festspiele – darstellt. Generell ist man mit einem Kleinen Schwarzen, den passenden Pumps oder Ballerinas sowie einer eleganten Handtasche gut angezogen und kann sowohl in der Bar des Hotels „Sacher – Österreichischer Hof“ als auch im Haubenlokal oder beim Klavierkonzert der Salzburger Festspiele adäquat gekleidet den Abend verbringen. Weitaus opulenter wird die Kleiderfrage beim Besuch einer Oper im Festspielhaus oder einem Ball in Schloss Leopoldskron, wo die große Abendgarderobe samt dementsprechenden Schmuck und Accessoires angebracht sind.
Gibt es eine kleidertechnische Besonderheit in Salzburg?
Wie erwähnt, gibt es in Salzburg eine große Trachtenszene. Gerade im ländlichen Bereich finden sich, entsprechend den Salzburger Gauen verschiedene Trachtentypen (sog. Originaltrachten/Fest- bzw. Werktagstracht) samt dementsprechenden Traditionen. Trachtenmode wird gern bei Volksfesten wie dem Rupertikirtag oder dem Maibaumaufstellen, aber auch bei universitären Feierlichkeiten oder den Festspielen, wie dem weltbekannten „Jedermann“, getragen. Auch im Alltag wird man mit Tracht keinesfalls schief angeschaut, denn diese Art der Mode wird geschätzt und allgemein respektiert. Je nach Anlass kann man die Tracht klassisch oder auch legerer tragen. Wichtig ist, auf eine hochwertige Verarbeitung der Tracht zu achten. Neben dem Heimatwerk, welches Originaltrachten vertreibt, gibt es etliche alteingesessener Trachtenausstattern oder Familienunternehmen wie z.B. Susanne Spatt.
In Salzburg spielen handwerkliche Methoden – v.a. zur Herstellung von Tracht – noch eine große Rolle
Inwiefern hat die Mentalität Einfluss auf die Kleidung?
Ohne jetzt in ein Fettnäpfchen treten zu wollen, wage ich zu behaupten, dass der Salzburger zwar als sehr freundlich und kommunikativ, aber auch ein stückweit als konservativ, schnöselig und eingebildet gilt. Das spiegelt sich auch im Kleidungsstil wider: Die Mode des alteingesessenen Salzburgers ist nicht aufdringlich, nicht überschießend und nicht flippig. Sicher ist Salzburger Mode aber auch etwas anderes nicht, nämlich nicht unbedingt günstig. Keine großen Logos sondern subtile Markenmode, keine protzigen Accessoires, sondern hochwertige, zeitlose Stücke, keine knalligen Make-Up-Trends, sondern klassische Natürlichkeit – das sind Grundlagen der „besseren“ Salzburger Gesellschaft. Man kann sich natürlich etwas leisten, möchte dies aber nicht unbedingt nach außen zur Schau stellen.
Spielt die Einkommensquelle eine Rolle?
In Salzburg gibt es natürlich, wie in allen Städten, große soziale Unterschiede und auch dementsprechend unterschiedliche soziale Milieus. Stil ist jedoch – auch in Salzburg – nicht unbedingt eine Frage des Einkommens, sondern hat auch viel mit einer ethischen und moralischen Werthaltung sowie einem Gespür für das Schöne und Positive zu tun. Fest steht natürlich, dass in der Salzburger Altstadt neben den großen Modemarken und Billiglabels auch unzählige Luxusausstatter sowie – leider werden es immer weniger – zahlreiche traditionelle Salzburger Geschäfte vertreten sind. Es findet sich auch mit kleinerem Budget für jeden modischen Stil etwas; wichtig ist authentisch zu bleiben, auf eine hochwertige Verarbeitung zu achten und ein stimmiges Gesamtbild zu repräsentieren.
Noch könnt Ihr in Salzburgs Innenstadt viele alteingesessene Läden, Kaffeehäuser und Hotels finden
Mit Hut auf die Straße – geht das?
Unbedingt. Neben der sportlichen Schildkappe oder dem Panamahut, kann man – gerade aufgrund der Affinität zur trachtigen Mode sowie zur Jagd – auch einen Fedora sowie einen klassischen Trachtenhut mit grüner Krempe tragen.
Welchen Einfluss hat die Mobilität auf die Art der Kleidung?
Der Salzburger ist hauptsächlich zu Fuß oder auch mit dem Rad in der Stadt unterwegs; Viele Salzburger wohnen jedoch in Umlandgemeinden, was ein Auto meist unabdingbar macht. (Obwohl vermutlich nur die wenigsten im Gebirge oder im unwegsamen Gelände am Wald wohnen, ist die Gelände- und Allradwagendichte in Salzburg erstaunlich hoch). Aufgrund der Alltagstauglichkeit des Salzburger Stils ist hier eine hohe Flexibilität in Hinblick auf die Wahl der Fortbewegungsmittel möglich, wobei sicher die Praktikabilität bei der Wahl der Kleidung dominiert.
Stefanie Neumann liebt es farbenfroh und trachtig-traditionell – im Alltag gerne auch sportlich kombiniert
Shoppt Stefanies Salzburg-Stil*
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Wunderbar beschrieben, vielen Dank für den schönen Artikel und die farbenfrohen Bilder! Macht so sehr Lust auf diese schöne Stadt. Unser Besuch dort ist schon wieder viel zu lange her. Und ja, entzückende Geschäfte gibt es in der Stadt, insbesondere für den Trachtenfan.
Herzlich, Sandra T.