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Im nächsten Teil unserer Serie Der Stil meiner Stadt nimmt uns Christin Simone Damrau mit nach Hamburg. Die gebürtige Hamburger Deern wohnt im schönen Winterhude und arbeitet für eine Wirtschaftskanzlei im Business Development. Ihre Leidenschaften sind unter anderem Mode und das Schreiben. Bei Insta findet Ihr Christin hier.
Christin, mit welchem Begriff würdest Du den Stil Hamburgs beschreiben?
„Understatement“. Oder wenn es zwei sein dürfen: „vornehme Zurückhaltung“.
Was sind die prägenden Einflüsse auf den Kleidungsstil von Hamburg?
Der Hamburger Kleidungsstil ist durch und durch vom Wasser geprägt und weißt daher charakteristische maritime Elemente und eine klassische Sportlichkeit auf. Man sieht gerne so aus, als käme man direkt vom Segeln auf Alster und Elbe oder frisch von der Insel. Ein gern genutztes Verkaufsargument in Hamburger Boutiquen lautet daher: „Das sieht so „Sylt“ aus!“. Diese Verbundenheit zum „kühlen Nass“ zeigt sich in der Farbpalette: Neben dem viel zitierten „Elbvororte-Beige“ sowie neutralen Grau- und Weißtönen, lieben wir unser elegantes, tiefgründiges Navy-Blau.
Zum anderen spiegelt die Mode einen aktiven Lebensstil wider: Blau-weiß gestreifte oder geringelte Shirts und Blusen, doppelreihiger Marineblazer mit Goldknöpfen, Segelschuhe von Sebago oder Timberland und natürlich die berühmte Sylt-Sommerdaune. Ein weiterer, zunehmend anvisierter Look ist der des gestressten Großstädters, der sich zur Erholung samt Weimaraner und G-Klasse auf seinem Wochenend-Landsitz zur Jagd zurückzieht. Nicht fehlen darf dabei natürlich das Frankonia-Ensemble aus Wachsjacke von Barbour und Dubarry „Galway“-Stiefel.
Die Lieblingsfarben der Hamburger: Beige und Dunkelblau – als Verbundenheit zum “kühlen Nass”
Was ist die liebste Alltagskluft des Hamburgers?
Die Hamburgerin lag noch nie so im Trend wie jetzt – und das ganz ohne es zu wollen. Seit Generationen üben wir uns in vornehmer Zurückhaltung und beherrschen den Minimalismus daher also par excellence. In Hamburg ansässige Modelabels wie „Closed“ repräsentieren diesen puristischen Stil. Die Vorzüge von wind- und wasserabweisenden Steppjacken kannten wir schon, bevor sie als Oversize-Variante in Form von wandelnden Bettdecken in sämtliche Kleiderschränke Einzug hielten. Klassisch-elegante Bouclé- und Tweed-Stoffe fanden wir auch schon trés chic, als sie bei Zara noch nicht die Regale füllten. Man könnte meinen, die ehemals als spießig verschmähten und nun als Trend identifzierten Perlen ließen sich in der Alster ertauchen, so häufig zieren sie Hals und Ohr der Hansestadt-Bewohnerin.
Dazu trägt die Hamburgerin gerne cremefarbene Cashmere-Pullover, z.B. vom Hamburger Label Iris von Arnim, klassische Jeans oder Chinos (gern auch in weiß oder beige), Chelsea Boots oder Tassel-Loafers als Alternative zum Segelschuh. Im Sommer werden Blusenkleid und Ballerinas bevorzugt. Das tägliche „Hab und Gut“ wird in der norddeutschen Metropole gern in einer Tasche von Céline oder Hermès, der Le Pliage von Longchamp oder mitunter auch – obwohl wir demonstrative Markenlogos verschmähen – der Speedy oder dem Sac Noé (Vintage, bitte!) verstaut.
Und was trägt man, wenn man „chic“ ausgeht?
Die traditionelle Hamburgerin ist in ihrem Jil Sander-inspirierten Purismus ja eigentlich immer chic. Daher sieht man sie auch in der Elbphilharmonie und dem In-Restaurant „Tarantella“ im eher „schlichten Schwarzen“ (oder „Navy-Blauen“), natürlich von exzellenter Passform und Qualität. Jetzt haben auch die Manolos Ausgang und als Farbtupfer krönen vielleicht ein Seidenschal und ein paar bunte Quasten-Ohrringe das Outfit.
Die Vorzüge von wind- und wasserabweisenden Steppjacken kennen die Hamburger naturgemäß schon lange
Gibt es eine kleidertechnische Besonderheit in Hamburg?
Neben den bereits beschriebenen Ausdrucksformen hanseatischen Stils ist die obligatorische „Schietwetter“-Ausrüstung, oder zumindest ihre Essentials in Form von Trenchcoat oder Parka und Gummistiefeln, sei es von Hunter oder Le Chameau, in der Stadt an der Elbe sicher kaum wegzudenken. So gibt es Menschen, die behaupten, niemand würde Gummistiefel so „ladylike“ tragen, wie die Hamburger Damenwelt.
Inwiefern hat die Mentalität Einfluss auf die Kleidung?
Ein altes norddeutsches Sprichwort lautet „In Hamburg trägt man den Pelz nach innen“. Dies bezieht sich allerdings weniger auf die (glücklicherweise immer weniger) zahlreichen Fellkragen der Woolrich-Parka, die jeden Winter das Bild rund um die Alster kennzeichnen, sondern auf die ausgeprägte Abneigung der Hamburger gegenüber prätentiös zur Schau gestelltem Reichtum. Zwischen Elbe und Alster setzt man auf Qualität („Zeig mir Deine Schuhe und ich sag Dir, wer Du bist.“) und verpönt plakative Designermarken („Ich bin doch keine Litfasssäule!“). Dem Urbild des soliden, hanseatischen Kaufmannes entsprechend, hält man es traditionell, authentisch und schnörkellos. Mehr Sein als Schein ist die Devise. Für Chichi hat man als kühles Nordlicht wenig übrig und große Logo-Gürtelschnallen überlässt man lieber den Düsseldorfern, um sich auf Sylt abzuheben, aber schwarze Schafe gibt es natürlich überall.
Der Stil meiner Stadt: Düsseldorf – Stadt der Modelabels
Mehr Sein als Schein lautet die Devise der Hamburgerinnen und Hamburger
Gibt es eine Beziehung zwischen sozialem Milieu und Kleidungsstil, spielt die Einkommensquelle eine Rolle?
Natürlich kleidet sich die „echte“ Hamburgerin, sprich wohnhaft in dritter Generation, westlich der Alster (östlich ist für die Zugezogenen) anders als der Berliner Hipster, den es nach dem Studium beruflich in die Medienhauptstadt gezogen hat. Der hier beschriebene, eher klassisch-stereotype Kleidungsstil wird ergänzt um zahlreiche weitere, durch die Weltläufigkeit Hamburgs (Das „Tor zur Welt“) geprägte, kosmopolitische Mode-Strömungen. Die lebendige Kreativszene, Subkulturen in Stadtvierteln wie der Schanze, der Hafen und die Nähe zu Skandinavien hinterlassen ebenfalls ihre modischen Fußabdrücke, aktuell gern in weißen chunky Sneakern zu ausgestellten, hochwasser-gefeiten „cropped“ Leggings. Egal ob Elbchaussee oder Feldstraße, man liebt es entspannt und unaufgeregt in der Heimat von Helmut Schmidt, Jan Delay, Caro Daur und des Franzbrötchens. Wenn sich dann die Einkommensquelle von der Kleidung nicht mehr ablesen lässt, wurde das angestrebte Understatement perfektioniert.
Mit Hut auf die Straße – geht das?
Auf das bei Marlies Möller hanseatisch blondierte Haupt darf selbstverständlich auch ein Hut. Der kürzlich abermals zu modischen Ehren gekommene Elbsegler stammt schließlich aus Hamburg und schützt die Haarpracht vor Wind und Wetter. Im Winter ist die Pantsy Wollmütze des Scandi-Labels Acne Studios nicht mehr wegzudenken. Die große Freude an Outdoor-Aktivitäten führt dazu, dass auch der ein oder andere zeitlose Fedora-Hut, z.B. von Hicks and Brown nicht nur die anglophilen Köpfe ziert und ein bisschen Countryside-Chic in die trubelige Hansestadt bringt.
Die gebürtige Hamburgerin Christin Simone Damrau wohnt im schönen Winterhude und liebt Ihre Heimatstadt
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Wie heißt es so schön: In Hamburg kann man jede Farbe tragen, so lange es Dunkelblau ist :) .
Sehr charmant und mit einem Augenzwinkern geschrieben. Vielen Dank für diesen schönen Einblick!
Herzlich, Sandra T.
Auf den Punkt gebracht – ein zeitloser Input für Hamburg. Danke dafür.