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Am Sonntag war es wieder soweit: Im Dolby Theatre in Los Angeles wurden die Oscars verliehen. Wie immer spielten nicht nur die Nominierten eine wichtige Rolle, sondern auch die auf dem roten, nein, champagnerfarbenen Teppich zur Schau getragenen Roben. Im Bildband „Oscars – Glamour auf dem roten Teppich“ werden die eindrucksvollsten Outfits und ihre Geschichte präsentiert und der nicht unerhebliche Einfluss der Mode auf Hollywood geschildert. von Sybille
Oscar-Mode: Spiegelt Stile und Werte der Zeit
Die Modejournalistin und Stylistin Dijanna Mulhearn blickt in „Oscars – Glamour auf dem roten Teppich“ auf über 90 Jahre Mode- und Stilgeschichte zurück. Blättert man durch das Werk, stellt man schnell fest, dass der rote Teppich – den es übrigens erst seit 1961 gibt und in diesem Jahr durch eine champagnerfarbene Variante ersetzt wurde – viel mehr ist, als eine Show wunderschöner Kleider an berühmten Menschen. Hier werden die Stile und Werte der jeweiligen Zeit gespiegelt! Und: Mit den von ihnen getragenen Kleidern setzten und setzen Darstellerinnen politische Statements. Bereits 1936 protestierte Bette Davis mit einem „unpassenden“ Kleid gegen die Gängelung der Hollywood-Studios. Vor allem seit den 60ern wird die Verleihung für soziale Statements genutzt – 1972 trug etwa Jane Fonda einen von Yves Saint Laurent entworfenen Hosenanzug, der an die Pariser Proteste gegen den Vietnam-Krieg erinnern sollte.
„Oscars – Glamour auf dem roten Teppich“ präsentiert die Oscars auf 480 Seiten mit 820 Abbildungen. Cate Blanchett und Giorgio Armani haben die Vor- und Geleitworte verfasst/Auf dem Foto: Ingrid Bergman und Jennifer Jones 1945
Dior & de Givenchy: Erkannten das Potential der Oscars
In der frühen Phase der Oscar-Verleihung trugen die Stars Kleider europäischer Designer oder ließen sich von den Kostümdesignern der Studios einkleiden. Die ersten, die das Marketing-Potenzial der Oscars – die übrigens seit 1953 im Fernsehen übertragen werden – erkannten, waren Christian Dior und Hubert de Givenchy, die Marlene Dietrich und Audrey Hepburn zu ihren Stilikonen erkoren. 1954 erhält Audrey Hepburn den Oscar als beste Hauptdarstellerin in „Ein Herz und eine Krone“. Sie zeigte sich bei diesem Anlass zum ersten Mal in einem Kleid von Hubert de Givenchy, einem schlichten Modell aus Organdyspitze. Givenchy hatte zur Anprobe ursprünglich Katharine Hepburn erwartet und war zunächst enttäuscht (Hier haben wir Euch von dieser Begegnung berichtet). Dann war er jedoch so fasziniert von Audrey Hepburn, dass er ihr erlaubte, sich jedes beliebige Kleid aus seinen früheren Kollektionen auszuleihen. 1962 dominieren auf dem roten Teppich etliche schlichte, schmale Schnitte à la „Frühstück bei Tiffany“. Außerdem sind viele kunstvoll drapierte, einseitig schulterfreie Roben zu sehen. Die vorherrschenden Farben: Schwarz und Weiß.
1937: Jean Harlow und Loretta Young/Bild-Credit: abcdvdvideo.com
1950: Esther Williams und Gene Kelly/Bild-Credit: abcdvdvideo.com
Die Kraft der Mode
Später nutzte Giorgio Armani – ein großer Fan des amerikanischen Films – die Kraft der Mode. Valentino, Versace, Lagerfeld oder John Galliano schlossen sich an. 1998 werden Helen Hunt und Jack Nicholson für ihre Leistungen in „Besser geht’s nicht“ als beste Hauptdarsteller ausgezeichnet, der Oscar für den besten Film geht an „Titanic“. Die Stars setzen in diesem Jahr auf Retro-Designs aus der Goldenen Ära Hollywoods. Kim Basinger, die für ihre Nebenrolle in „L.A. Confidential“ ausgezeichnet wird, trägt ein pistaziengrünes Seidenkleid von Escada; Sharon Stone die legendäre Kombination aus langem Satinrock und weißem Button-Down-Hemd. Heute wird die Oscar-Verleihung wieder verstärkt als Plattform für Botschaften und Kampagnen genutzt (Stichwort #metoo). Viele Männer ziehen kleidungstechnisch mit den Frauen gleich und zeigen sich zum Beispiel in farbigen Anzügen.
1988: Jennifer Grey und William Baldwin/Bild-Credit: Courtesy of Alan Light
1989: Drew Barrymore und Corey Feldman/Bild-Credit: Courtesy of Alan Light
Eine Fashiongeschichte der Academy-Awards
Dijanna Mulhearn dokumentiert in “Oscars – Glamour auf dem roten Teppich” die Oscarverleihungen chronologisch ab 1929, listet die besten Hauptdarstellerinnen und Nebendarstellerinnen sowie die besten Filme auf. Sie berichtet über die wichtigsten Modetrends, erläutert die sozialen und politischen Einflüsse und präsentiert sorgfältig kuratierte Fotos der denkwürdigsten und inspirierendsten Outfits. Mode kann eben viel mehr sein als ein Abendkleid.
Der opulente Oscars-Bildband ist bei Prestel erschienen und kostet 59 Euro/Bild-Credit: Prestel
Titelbild: 1952 Fred Zinnemann +Janice Rule + Sol Lesser (c) abcdvdvideo.com
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