Mein Stilvorbild: Marion Hedda Ilse Gräfin Dönhoff
Dani

In unserer neuen Serie „Lady-Vorbilder“ möchten wir Euch inspirierende Frauengestalten vorstellen, die sich ihr Leben lang für eine Sache einsetzten und dabei im Großen oder im Kleinen viel bewirkt haben. Obwohl dieses Frauen häufig Leid erlebten oder sehen mussten, haben sie dabei nie ihre Würde verloren. Beginnen möchte ich heute mit Marion Gräfin Dönhoff, die ich schon als Jugendliche und angehende Journalistin ganz besonders bewundert habe.

Marion Hedda Ilse Gräfin Dönhoff wurde 1909 auf Schloss Friedrichstein in Ostpreußen geboren und starb 2002 auf Schloss Crottorf in Rheiland-Pfalz. Sie war Chefredakteurin sowie Mitherausgeberin der ZEIT und eine Freundin von Helmut Schmidt, der in einer Laudatio einst über sie sagte: „Ihr Adel hat sich nicht aus ihrer Herkunft ergeben, sondern aus ihrem Willen und ihrer Haltung.“ In seiner Biografie Außer Dienst äußerte er sich außerdem folgendermaßen :

Ohne unsere persönliche Verantwortung gegenüber dem Gemeinwohl, ohne den Gemeinsinn, der das Gefühl für Anstand, Wahrhaftigkeit, Reinlichkeit und Ordnung einschließt, hat eine freie Gesellschaft keinen Bestand. Vor Jahrzehnten haben mich meine Freunde Marion Gräfin Dönhoff und Herbert Weichert – fast wörtlich übereinstimmend – darauf hingewiesen, dass eine Gesellschaft ohne sichtliche Normen sich auf Dauer gegenseitig zerfleischt. Um dies zu verhindern, haben wir die Aufgabe, den Nachwachsenden Beispiel zu geben.

Aufruf zu Toleranz und Gerechtigkeit

Marion Gräfin Dönhoff verlor ihre ostpreußische Heimat während des zweiten Weltkrieges. Doch obwohl Friedrichstein immer ihre große Liebe blieb, verbitterte sie nie an diesem Verlust, sondern setzte sich – im Gegenteil – für einen Dialog zwischen den Ländern und ganz besonders für ein Versöhnung zwischen den Ostblockstaaten und dem Westen ein. Sie prägte den Satz: „Lieben, ohne zu besitzen.“ Dieses Loslassen und dieses Akzeptanz der Geschichte finde ich bewunderswert. In mehr als 20 Büchern rief Dönhoff zu Toleranz und Gerechtigkeit auf. Ihre bekanntesten Titel sind vermutlich Namen, die keiner mehr nennt und Um der Ehre willen, in denen sie ihrer Freunde gedenkt, die im Wiederstand gegen das Nazi-Regime ihr Leben ließen.

Dazu zählt auch ihr Cousin Heinrich von Lehndorff, der am Hitler-Putsch vom 20. Juli 1944 beteiligt war und gehängt wurde. Auch sie selbst war durch Kurierdienste u.ä. indirekt in das Attentat involviert. Ein weiteres faszinierendes Werk der Gräfin ist Ritt durch Masuren. Darin beschreibt sie ihren fünftätigen Ritt durch die Masuren, den sie im Jahr 1941 gemeinsam mit ihrer Cousine Sissi von Lehndorff unternahm, um auf diese Weise von ihrer Heimat Abschied zu nehmen. Der Krieg gegen die Sowjetunion hatte bereits begonnen. Als Anfang 1945 die rote Armee nach Ostpreußen vorrückte, musste sie fliehen und auch hier spielte das Pferd eine entscheidende Rolle: Dönhoff floh in einem über 1200 Kilometer langen Ritt nach Deutschland.

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Eine Kindheit in Ostpreußen

Ihr Leben lang war Marion Gräfin Dönhoff viel unterwegs: Sie lebt in einem Mädchenpensionat in Berlin, besuchte ein Gymnasium in Potsdam, eine Haushaltsschule bei St. Moritz, studierte VWL in Königsberg und Frankfurt, promovierte in Basel. Die Journalistin unternahm Rundreisen durch Europa, USA, Afrika, über den Balkan bis Albanien und nach Persien. Ihre Wurzeln suchte sie jedoch immer wieder in Ostpreußen. In ihrem Werk Kindheit in Ostpreußen – meinem Lieblingsbuch von Dönhoff – berichtet sie über ihre Kinder- und Jugendjahre. Als jüngstes von sieben Kindern wuchs sie auf dem Familienschloss Friedrichstein auf, 20 km östlich von Königsberg. Ihre Mutter war Hofdame bei Kaiserin Auguste, ihr Vater Politiker und Diplomat.

Gräfin Dönhoff

In vielen Anekdoten gedenkt sie ihres früh verstorbenen Vaters, ihrer Geschwister, Verwandten und Freunde. Aber auch die alten Diener, Erzieherinnen, Köchinnen und Kutscher bekommen einen Ehrenplatz in ihren Erinnerungen. Marion Gräfin Dönhoff beschreibt das Schloss und seine Bewohner jedoch ohne Überheblichkeit und ohne historische Verklärung. Sie erzählt von ihren besten Freunden Cousin Heinrich und Cousine Sissi, die auf dem 15 km entfernten Schloss Preyl lebten und mit denen sie gemeinsame Treibjagden und Ausritte unternahm. Doch nicht nur das herrschaftliche Leben auf dem Adelssitz findet Erwähnung, sondern auch die unverwechselbare Landschaft Ostpreußens mit ihren unendlichen Wäldern, Seen und Alleen.

Wie sehr bedauere ich heute, nicht mehr von meinem Vater zu wissen. Wie interessant wäre es gewesen, ihn, den Abgeordneten des Reichstages und zugleich Mitglied des Preußischen Herrenhauses, ausfragen zu können; denn in diesen beiden Institutionen stoßen die alte und die neue Zeit nahtlos aufeinander.

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Kennt Ihr auch eine Lady? Und möchtet Ihr sie sogar einmal auf dem Lady-Blog vorstellen? Dann schreibt uns eine E-Mail an info@lady-blog.de

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7 Kommentare
  • groschenroman sagt:

    Marion Gräfin Dönhoff ist eine Dame der alten Schule – adlig, mit höherer Bildung und der nötigen Bescheidenheit. Die, so finde ich, unerlässlich ist für eine Lady.

  • Mariam sagt:

    Interessanter Text! Hat sie eigentlich auch in einem der Bücher diese Flucht zu Pferd über 1200 km geschildert?

  • Eva sagt:

    Gräfin Dönhoff ist auch eines meiner Lady-Vorbilder. Und ihre Flucht auf ihrem Pferd habe ich als Jugendliche schon „verschlungen“.

  • Amalia sagt:

    Als Schülerin, so etwa in der 9. Klasse, habe ich Gräfin Dönhoff einmal einen Brief geschrieben, weil wir einen ihrer Texte im Unterricht kontrovers besprochen haben. Sie hat eine lange, handgeschriebene Antwort geschickt. Das fand ich nicht nicht nur sehr freundlich von ihr, sondern auch ausgesprochen stilvoll – sicher würde nicht jeder in ihrer Position so selbstverständlich einem kleinen Mädchen aus dem Nirgendwo so respektvoll begegnet sein. Wirklich eine Dame, wirklich ein Vorbild!

    Liebe Grüße
    Amalia

  • Mariam sagt:

    Liebe Eva, in welchem ihrer Bücher ging es denn um ihre Flucht? Ich konnte leider keinen Titel mit Sicherheit ausfindig machen.

  • Dani sagt:

    Liebe Amalia,

    wie wunderbar! Den Brief musst Du gut aufbewahren!

    Herzliche Grüße
    Daniela

  • Amalia sagt:

    Liebe Dani,
    aber natürlich – es gibt noch alle privaten Briefe, die ich jemals bekommen habe!
    Herzliche Grüße
    Amalia

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