Knotentanz mit Martin Strachwitz: Komm, knote mit mir!
Dani

Ihr habt noch nie vom Knotentanz gehört? Dann wird’s aber Zeit: Der Knotentanz ist eine Form des Free-Style Rock ‘n’ Rolls mit Ähnlichkeit zum Discofox. Den Tanz kann man in keiner gewöhnlichen Tanzschule lernen. Doch das macht gerade seinen Charme aus, meint Martin Graf Strachwitz. Er gibt und organisiert seit vielen Jahren selber Tanzkurse und erzählt dem Lady-Blog, was den ganz speziellen Reiz des Friesenrocks ausmacht.

Der sogenannte Knotentanz, oder auch Friesenrock, gehört nicht zum Standardrepertoire einer Tanzschule und wird wohl einigen kein Begriff sein. Woher kommt dieser Tanz, Martin?

Anfang der 80er Jahre wurde durch eine Frau von Friesen im Bonner Raum eine Initiative ins Leben gerufen, die sich „Friesen-Gruppe“ nannte. Die Gruppe bestand aus Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren. Die Eltern organisierten reihum zahlreiche Veranstaltungen in ihren eigenen Häusern oder außerhalb in Museen und Ausstellungen. Eine dieser Veranstaltungen war ein Tanzkurs in Bonn, auf dem der Knotentanz einstudiert wurde. Dabei entstand in Anlehnung an die Gruppe der Name Friesenrock als Synonym zum Knotentanz.

Also hat Frau von Friesen den Knotentanz erfunden?

Nicht ganz. Der Knotentanz ist in den 70er Jahren als französische Abwandlung des Rock ‘n’ Rolls in Deutschland vorwiegend in adeligen Gesellschaftskreisen und in Studentenverbindungen getanzt worden. Damals konnte man den Tanz nicht in Tanzkursen lernen, die Tänze und Figuren brachte man sich einfach gegenseitig bei.

Das ist heute nicht viel anders, oder?

Heute gibt es Tanzkurse, die individuell von „reisenden“ Tanzschulen durchgeführt werden. Trotzdem lernen die meisten aber voneinander und durch gegenseitiges Abschauen.

Viele Discofox- und Knotentanz-Figuren ähneln sich. Was unterscheidet denn die beiden Tänze?

Der Discofox wird von den begeisterten Knotentänzern meist als etwas spießig empfunden. Das liegt wohl daran, dass der Knotentanz noch mehr Freiraum für die Kreativität und das Taktgefühl jedes Einzelnen bietet. Es gibt zwar auch im Knotentanz einen Grundschritt. Dieser ist aber niemals an genaue Schrittfolgen gebunden. Da man zu nahezu jeder Musik tanzen kann, ist der Takt zu jeder Musik jederzeit änderbar.

Friesenrock Knotentanz GrundlagenDer Knotentanz ist ein Hingucker-Tanz mit seinen unzähligen Varianten in Figuren und Schritten

Man kann also zu elektronischer Musik genauso knoten wie zu einem Walzer?

Ja, das geht. Trotzdem ist ein schöner Walzer niemals zu verachten! Der fließende Schwung und der Takt kommen aus der Bewegung der Arme und nicht aus den Beinen oder den Schritten. Damit ist man „unten rum“ wesentlich freier in der Bewegung und kann seinen eigenen Stil entwickeln. Für die Standardtänzer ist es nach Jahren der eingeübten Schrittfolgen schwierig, sich mal fallen zu lassen und durch eigene Kreativität diesen Tanz zu erleben.

Macht das Deiner Meinung nach auch den Reiz des Knotentanzes aus?

Ja, es ist einfach ein Hingucker-Tanz mit seinen unzähligen Varianten. Die Nähe zum Gegenüber ist in jedem Moment des Tanzes variierbar, mal hat man die Dame eng im Arm, mal ist sie am langen Arm des Herrn, teilweise lässt man sie völlig los. Und doch gibt es Regeln, damit der Tanz schwungvoll fließt und nicht „kämpferisch“ aussieht. Man lernt dauernd dazu und wenn man häufig tanzt, merkt man wie unterschiedlich die Stile jedes Tänzers sind.

Gibt es etwas, worauf man als Frau besonders achten sollte?

Die Damen sollten sich anfangs vorstellen, Sie tanzten mit verbundenen Augen. Dann müssen sie sich auf Ihren Herren verlassen und sich führen lassen. Gerade innerhalb einer Figur sollte die Dame eigentlich niemals denken, sie wisse was jetzt käme und selbst etwas nachhelfen. Denn letztlich könnte es ja jederzeit sein, dass der Herr etwas Neues einbauen möchte. Dann tanzt man gegeneinander. Auf der anderen Seite braucht der Herr vielleicht etwas Hilfe, der ein oder andere erwartet sogar, dass die Dame etwas mitführt. Am Einfachsten lernt man diese Verständigung im Tanzkurs, da man dort einfach darüber reden kann, was man auf einem Ball wohl eher vermeidet.

Du gibst selbst Tanzkurse. Wer nimmt an Deinen Kursen teil?

Zu meinen „Kunden“ gehören vor allem Studenten und Schüler, häufig aus adeligen Kreisen, Studentenverbindungen, Studentenreitern, Rotaractlern, Leos. Aber auch Eltern, Geschäftsleute – vom Opa bis zum Enkel haben wir schon alle unterrichtet. Meist hat sich einer von ihnen irgendwo „infiziert“ und steckt dann seinen Freundeskreis damit an.

Wo hast Du Dich denn mit dem Knotentanz „infiziert“?

Ich hatte den ersten Kontakt schon mit zehn Jahren. Allerdings widerwillig: Auf einer jährlichen Jugendfreizeit wurde von den mitgereisten Eltern ein allabendliches „Knoten“ unter Gleichaltrigen angeboten. Jahre später machte ich dann bei einem richtigen Tanzkurs mit. Danach wurde ich als Tanzlehrer von der dortigen Tanzlehrerin rekrutiert und fortan ausgebildet, in dem ich zu allen möglichen Tanzkursen als Vortänzer mitkam. Wir waren mehrere junge Tanzlehrer zu dieser Zeit und mehr oder weniger die Einzigen in Deutschland. Nach geraumer Zeit und vielen Tanzkursen konnten wir bald alle Figuren und fingen an eigene Figuren zu entwickeln. Mittlerweile gibt es davon Unzählige.

Es dauert wahrscheinlich seine Zeit, bis man die als Tänzer alle drauf hat…

Ich bin der Meinung, dass nicht der ein guter Tänzer ist, der möglichst viele Figuren beherrscht und aneinander reiht. Vielmehr kommt es auf das Rythmusgefühl des Tänzers an und auf seine Leichtigkeit beim Kombinieren der Figuren. Gerade die Kreativität macht den Tanzstil eines guten Tänzers einzigartig und kann so begeistern. Fast jede Figur ist wandel- und kombinierbar. Dafür muss man viel üben und natürlich eine „führige“ Dame zur Verfügung haben.

Bild-Credit Plattenspieler: Shutterstock.com

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4 Kommentare
  • ginny. sagt:

    Ich kann knoten (= Ein Freund von mir hat mal einen Tanzkurs vor einer Feier gegeben. Das mit der Discofoxabneigung stimmt. Manche Kerle glauben nämlich, dass des auch reichen würde. Davon krieg ich jedes mal soo einen Hals!

    Hab deinen Blog gerade eben auf der Suche nach einer guten deutschen Erklärung für “Preppy” gefunden und dich verlinkt, hoffe das ist okay?

    LG
    gin.
    http://sugarandginny.blogspot.com

  • Hey,
    der Bericht ist sehr schön und treffend :-) Der Knotentanz ist in der Tat einer der schönsten Tänze, da er, wie oben erwähnt, dem Mann unendlich viel Freiraum für Rhytmus und Bewegung gibt.

    Das größte Problem für den Herren ist leider eine Tanzpartnerin, die die Technik des Folgens nicht beherrscht. Solange nähmlich die Dame des Folgens nicht mächtig ist, kann er sonst wie kreativ und willig sein – sie wird ihm immer im Wege stehen, und nicht nur das: sie bringt sich dadurch auch selbst in (Verletzungs-)Gefahr.

    Leider meinen viel zu viele Damen, sie könnten folgen und bräuchten es nicht unbedingt lernen – aber auch das sollte und müsste man lernen, damit das Tanzen wirklich Spaß macht :-)

    … Eure Seite ist echt nett :-)
    LG,
    Lena

  • Maik sagt:

    Habe selber einen Tanzkurs gemacht als “Single-Herr” und darf nun in der Tanzschule des öfteren als Gastherr mit SingleDamen tanzen.
    Das schlimmste ist, wenn Damen sich nicht führen lassen und dann meinen, sie könnten ja tanzen.
    Da gibt es teilweise Damen, die schon bei der nächsten Figur sind obgleich sie da ja noch gar nicht seien können, bevor sie von mir das entsprechende Signal bekommen haben.
    Natürlich ist es für die Herren sehr schwer zu führen aber für die Damen ist es umso schwieriger (aber nicht weniger wichtig) sich auch führen zu lassen.
    Die Damen müssen sich einfach mal fallen lassen. Oder wie es eine meiner Tanzpartnerinnen (sehr erfolgreiche Turniertänzerin) mal ausdrückte: Die Damen sind nur ein Tanzsportgerät.

    LG

    Maik aus Friesland

  • Christian Deppe sagt:

    Wer in Münster und Umgebung hat etwas Übung im Friesenrock/Knotentanz und zeigt etwas sehr kurzfristig (17.6.2017)???

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