Die Lady im Casino – ein Erfahrungsbericht

Ich war letzte Woche zu Besuch im Casino Baden-Baden und muss ehrlich sagen: Die James-Bond-Filme lügen nicht. Wer die goldenen Schwingtüren des Foyers passiert, landet in einer Welt, die wie eine Mischung aus Las Vegas und The Great Gatsby wirkt. Doch wieviel ist Mythos und wieviel Wahrheit? Der Spielbankdirektor Thomas Schindler hat mir die heiligen Hallen gezeigt und verraten, worauf Ihr beim ersten Besuch im Casino achten sollte. von Sophie

Eintritt nur in angemessener Kleidung

Casino? Das ist doch was für schwerreiche Unternehmer und deren Gattinnen, die sich Samstagabends die Pelzstola überwerfen, um ein paar Zehntausender zu verspielen. So das gängige Klischee. Und um ehrlich zu sein: Ein wenig eingeschüchtert war ich bei meinem ersten Besuch tatsächlich. Weder Pelz noch Porsche kann ich mein Eigen nennen. Statt der Diamanten trage ich einen Bleistiftrock, schwarze Pumps und ein schlichtes Shirt. „Eintritt nur in angemessener Kleidung“, steht in goldenen Lettern am Eingang zum Casino. Dass „angemessen“ wie auch überall sonst sehr unterschiedlich interpretiert wird, bemerke ich bereits im Foyer. Ich sehe ein paar schwarze Anzüge und Damen im edlen Cocktailkleid, entdecke aber auch ein paar Herren, die zum Sakko Jeans tragen. „Dass wir jemanden wieder nach Hause schicken müssen, weil er nicht das Richtige trägt, kommt öfter vor“, sagt Thomas Schindler.

Türmchen mit bunten Jetons

Vorsorglich verleiht die Rezeption darum gleich mal Krawatten, Hemden und Sakkos. Habt Ihr diese erste Hürde erfolgreich passiert, dann könnt Ihr in eine beeindruckende Kulisse eintauchen: Meterlange Spieltische mit smaragdgrünem Bezug, an denen Herren und Damen Türmchen mit bunten Jetons vor sich herschieben, an den Wänden Marmorstatuen, blattgoldverzierter Stuck, ein purpurroter Teppich. Ich bin im Inneren eines Fabergé-Eis gelandet. Durch eine imposante Glaskuppel scheint indirektes Licht auf’s Roulette. Man dämpft automatisch seine Stimme. „Bevor man sich an die Spieltische traut, sollte man unbedingt die Bar besuchen“, sagt Herr Schindler und ich folge ihm zum Barkeeper, der mich so selbstsicher anschaut, als würde er jeden Drink der Welt aus dem Effeff beherrschen. Die Preise sind – wie zu erwarten – höher als in der Kneipe nebenan. Herr Schindler empfiehlt Champagner. Prost.

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Nicht nur etwas für Millionäre

Die Atmosphäre ist elegant und die Spieler starren konzentriert auf die Croupiers. Wieviel Geld welche Farbe bedeutet in der Welt der kleinen Plastikchips durchschaue ich nicht. Ich sehe nur: Da liegen eine ganze Menge Jetons. Aber es gibt auch Spieler, die setzen zwei Euro oder fünf Euro und das ist keine Blamage, wird mir versichert. „Casinos sind nicht nur etwas für Millionäre. Im Grunde kann und soll jeder spielen. Solange sie Spaß daran haben“, sagt Thomas Schindler, der meinen prüfenden Blick auf die Häufchen an Jetons bemerkt. Einer der Croupiers sammelt mit einem Schieber gerade alle Jetons auf dem Roulette-Tisch ein. Eine Dame im roten Cocktailkleid schüttelt kurz den Kopf und zieht eine Augenbraue hoch. Schindler weiß: „Es gibt viele Herrschaften, die Begleitungen von passionierten Spielern zum Beispiel, die den ganzen Abend gar nicht spielen, sondern nur zugucken.“ So, so. Alles kann, nichts muss.

Eine Welt aus Blattgold

Bisher geht es entspannter zu als gedacht im Casino. „Rien ne va plus“ sagt einer der Croupiers. Die Dame in Rot hat erneut gesetzt. Immer wieder schiele ich auf die Outfits der Ladies. Gilt bei einem Besuch im Casino Black Tie? Oder gar White Tie? Geht in einer Welt aus Blattgold überhaupt „overdressed“? Ich sehe viele Cocktailkleider, sogar einige bodenlange Kleider. Drei Damen haben die Sommerkleider ausgepackt und wandeln in Kanarienvogelfarben durch die Säle. Ich kneife die Augen zusammen – gedeckte Farben sind hier ganz sicher die bessere Wahl. Doch kein Kleid der Welt kann dieser Kulisse die Schau stehlen. Wir öffnen eine milchige Schwungtür, „Raucherlounge“ steht darauf. Und mit einem Schritt bin ich vom Paris des 20. Jahrhunderts im New York der 20er Jahre gelandet. Kristallleuchter, lilafarbener Flor auf dem Boden, ein Dunst aus Rauch liegt auf den vielen Spieltischen, an denen Blackjack und Poker gespielt wird, keine gedämpfte Musik, ich traue mich, wieder etwas lauter zu sprechen.

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 Eine Welt voller Mythen?

Von den vollbesetzten Pokertischen geht eine spürbare Anspannung aus, ein Herr im schwarzen Anzug wirft ärgerlich seine letzten zwei Karten in Richtung des Croupiers. Ich habe selten vollbesetze Tische gesehen, an denen so viel geschwiegen wird wie im Casino. Ist Sprechen während es Spiels vielleicht gar nicht erwünscht? Der Spielbankdirektor schüttelt den Kopf. „Natürlich darf sich unterhalten werden, sehr gerne sogar. Aber das ist wie überall sonst auch: Sie werden merken, ob ihr Gegenüber ins Gespräch kommen möchte oder nicht.“ Ich bin ein bisschen enttäuscht. Ich hatte eine Welt voller geheimen Codes und Mythen erwartet. Kann ich nicht doch ein wenig Insiderwissen vom Spielbankdirektor ergattern? Oder kann er mich wenigstens vor ein paar Fettnäpfchen bewahren? Thomas Schindler lacht und nickt.

Spielen kann verführerisch sein

„Na gut, eine Todsünde gibt es dann doch. Wenn Sie beim Roulette gewonnen haben, greifen Sie um Himmels Willen nicht einfach auf Ihr Feld und packen sich die Jetons. Falls andere Spieler auch gesetzt haben, gehört der Gewinn gar nicht ganz Ihnen. Überlassen Sie das Verteilen der Jetons den Croupiers, sonst machen Sie sich keine Freunde.“ Das Filmklischee des Gewinners, der mit beiden Armen über den Spieltisch wischt und sich den Gewinn vor den Bauch schiebt, bestätigt sich also nicht. „Außerdem sollten Sie sich ein Limit setzen. Spielen kann verführerisch sein. Sagen Sie bereits zu Beginn des Abends zum Beispiel: Maximal 50 Euro will ich verspielen, keinen Cent mehr.“ Mein Fazit: Das Casino Baden-Baden ist Welt- und Zeitreise zugleich. Mit einem Cocktailkleid, Disziplin am Spieltisch und der Bereitschaft, für den Drink ein wenig mehr zu zahlen, erlebt Ihr hier sicher einen wunderbaren Abend.

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Bild-Credits: Casino Baden-Baden

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2 Kommentare
  • Dani sagt:

    Liebe Sophie,

    hui, im Foyer vom Casino war ich bei meinem letzten Baden-Baden-Besuch auch. Hast Du denn auch etwas gesetzt? Toller Bericht! :-)

    Herzliche Grüße
    Dani

  • Monika Abts sagt:

    Ja, die Welt der Schönen und Reichen kann schon ziemlich verlockend sein.
    Man taucht in eine andere Welt ein. Eine vornehmere, leisere, auf den ersten Blick etwas anonymere Welt.
    Schicke Kleidung ist Standard und schöne Autos das Aushängeschild.
    Ich freue mich dann aber, wenn ich zu Hause meine Wohlfühlklamotten anziehen kann ;-))))

    Schönes WE,
    Moni

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