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Karl Lagerfeld ist zwar bereits vor zwei Jahren verstorben, aber immer noch werden Bücher über ihn veröffentlicht. Das aktuellste „Karl. Wir Komplizen der Schönheit“ stammt von Patrick Hourcade und hebt sich angenehm von vielen der bisher erschienenen Werke ab, ebenso wie „Karl Lagerfeld. Ein Deutscher in Paris“ von Alfons Kaiser. Ein ganz anderes, fiktives Buch hat John von Düffel bereits vor einigen Jahren, noch zu Lebzeiten von Lagerfeld, geschrieben. von Sybille
1. Patrick Hourcade: KARL. Wir Komplizen der Schönheit
“Nicht schon wieder ein Buch über Karl Lagerfeld!”, dachte ich, als ich „Karl. Wir Komplizen der Schönheit“ im Buchhandel entdeckte. Der Hype, der nach dem Tod des Modeschöpfers vor zwei Jahren ausbrach, führte dazu, dass zahlreiche sogenannter „Freunde“ Erinnerungen über ihn herausbrachten, die mich z.T. unangenehm berührten. Doch das Buch von Patrick Hourcade ist anders. Bisher unveröffentlichte Dokumente und selten gesehene Fotos verbinden sich mit den Schilderungen Hourcades zu einem besonderen Einblick in das Leben von Karl Lagerfeld. Die beiden waren mehr als zwanzig Jahre befreundet. In dieser Zeit schufen sie großartige Bauprojekte vom Schloss Grand-Champ in der Bretagne bis hin zur Villa La Vigie an der Cote d‘ Azur. Hourcade schildert Begegnungen mit Menschen, die Lagerfeld beeinflussten und mit ihm befreundet waren, bis er genug von ihnen hatte. Ausnahmen waren seine Mutter und seine große Liebe Jacques Bacher. Es entsteht das Bild eines getriebenen und einsamen Lebens. Und wirklich sympathisch ist mir Lagerfeld auch in diesem Buch nicht geworden, trotz des liebevollen Blicks von Hourcade auf ihn.
„Karl. Wir Komplizen der Schönheit“ ist 2021 im Elisabeth-Sandmann-Verlag erschienen und für 30 Euro erhältlich
2. Alfons Kaiser: Karl Lagerfeld. Ein Deutscher in Paris
Und wie geht ein gestandener Journalist an das Thema Lagerfeld heran? Er recherchiert gründlich. Alfons Kaiser, den ich als Autor der FAZ sehr schätze, reiste durch ganz Deutschland zu Archiven und Orten, die in Karl Lagerfelds Leben eine Rolle gespielt haben. Er sprach persönlich mit Verwandten, Bekannten und engen Freunden des Designers. Seine Biografie „Karl Lagerfeld: Ein Deutscher in Paris” ermöglicht einen Blick auf das Leben hinter dem Mythos. Kaiser wertet nicht, sondern schildert Situationen und Umstände dieses beeindruckenden Lebens sachlich und nüchtern. Den privaten Karl Lagerfeld lernt man auch hier als gehetzten, getriebenen und eher unsympathischen Menschen kennen. Doch der Blick von Alfons Kaiser auf das Gesamtkunstwerk Karl Lagerfeld ist umfassend und absolut lesenswert.
Das Buch „Karl Lagerfeld“ von Alfons Kaiser ist 2020 bei c.H.Beck erschienen und kostet als Hardcover 26 Euro
3. John von Düffel: KL – Gespräch über die Unsterblichkeit
Ein ganz anderes, nämlich fiktives, Buch über und mit Karl Lagerfeld (hier KL genannt) stammt von John von Düffel. Der namenlose Erzähler fährt nach Paris, um mit KL über Schein und Sein, über den Tod und das Leben als Bild gewordene Instanz zu sprechen. Das Gespräch ist durch den launischen KL mit zahlreichen Reglementierungen und Auflagen verbunden. Und doch entwickelt es sich in eine unerwartete Richtung. Das fiktionale Interview „KL – Gespräch über die Unsterblichkeit“ ist ein literarisches Spiel mit überraschenden Erkenntnissen über den Bilderwahn unserer Zeit, den täglichen Kampf um Sichtbarkeit und die Angst vor dem Verschwinden. Die Umschlaggestaltung erinnert an Chanel.
Das Buch „KL – Gespräch über die Unsterblichkeit“ ist 2015 bei Dumont erschienen und kostet 18 Euro
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Das sind drei sehr interessante Literaturvorschläge. Ich hatte mir nach dem Tod des Modeschöpfers das von einem Verlag editierte Sonderheft über sein Leben in einer großen Bahnhofsbuchhandlung gekauft und bewahre es natürlich auf. Damit sollte für mich der Erinnerung genüge getan sein. Meine Mutter war Schneidermeisterin im besten Sinne und Absolventin der Düsseldorfer Modeschule; sie erschuf einzigartige Kleidungsstücke, die auf die jeweilige Frau & Kundin sehr individuell zugeschnitten wurden, sowohl vom Stil als auch vom Schnitt her. Ich war immer überzeugt davon, dass sie ohne ihre große “Kernfamilie” – die ja immer auch an ihr hing – die große Karriere gemacht hätte. Sie aber meinte dazu, sie könne lange nicht so gut zeichnen wie Herr Lagerfeld und die exakten Entwürfe seien wichtig in der Welt eines Modeschöpfers. Also: natürlich hat KL sie beeinflusst. In unserem Haus wurde jede Modesendung (die wenigen, die es in den 70er Jahren im TV gab), jede Haute Couture Modenschau mit gezücktem Stift und raschelndem Notizpapier verfolgt und “verschlungen”, um nur ja keine Strömung zu verpassen. Und ich kleines Mädchen liebte es, in ihren herrlichen Stoffe-Collectionen zu stöbern. Brokate, Tweed, Chiffon, die ganze Palette. Der Vater verstand nicht so ganz, dass diese auf dem Laufsteg gezeigten Stücke nicht 1:1 auf der Straße (wir leben auf dem Dorf) umgesetzt werden können und würden, jedoch der Trend dahinter selbstverständlich die Damenwelt und ihre Mode beeinflusst. Meine Mutter erklärte es ihm immer wieder liebevoll und geduldig ;0). Wie man hört, hat mich mein Elternhaus auch diesbezüglich sehr geprägt und ich habe Mode auf einer ähnlichen Stufe wie Kunst (Malerei, Theater, …) kennengelernt. Diesen Blick darauf habe ich mir bis heute bewahrt.
Nun, lange Rede, kurzer Sinn: bei diesen drei Büchern könnte ich doch noch schwach werden, es eben nicht bei einer Zeitschriften-Sonderedition zu belassen. Vielleicht darf man zu nächster Gelegenheit im Familien- und Freundeskreis einmal den einen oder anderen Wunsch äußern, welches Buch man sehr gern als Geschenk auspacken möchte / dürfte / würde …?
Zur großen Liebe KLs, Jacques, habe ich auf Wikipedia den folgenden Eintrag gefunden:
Jacques de Bascher de Beaumarchais (* 8. Juli 1951 in Saigon, Französisch-Indochina; † 3. September 1989 in Garches).
Vielen Dank für diese wunderbaren Buchvorstellungen, Sibylle!
Herzlich, Sandra T.
Liebe Sandra,
da haben wir ähnliche Erfahrungen gemacht. Zwar war meine Mutter keine Schneidermeisterin, aber eine große Modeliebhaberin. Und auch wir haben in den 70er Jahren jede Modesendung (und es waren wirklich wenige) im TV sozusagen inhaliert. “Neues vom Kleidermarkt” mit Antonia Hilke habe ich geliebt. Peter Kempe, der auf Instagram unter @gazettepierre postet, hält jede Menge Informationen aus der Zeit und weit darüber hinaus bereit. Und Haute Couture ist für mich immer auch Kunst. Leider wird Mode in Deutschland immer noch als oberflächlich angesehen, was sich ja auch im Straßenbild widerspiegelt. Ich denke, dass Du an den Büchern, insbesondere dem von Alfons Kaiser, viel Freude hättest.
Herzlichen Gruß
Sybille
Liebe Sybille, verzeih mir bitte – ich habe Deinen Namen nicht korrekt geschrieben in meinem obigen Kommentar. Entschuldigung. Ich gelobe Besserung.
Ich danke Dir für diesen sehr persönlichen Einblick. Schön, dass wir gemeinsame Erinnerungen haben an eine teils recht bescheidene und teils großartige Zeit. Antonia Hilke … ja, natürlich!! Tatsächlich war mir der Name nicht mehr präsent. Aber vor meinem geistigen Auge sehe ich sie stehen und höre sie kommentieren. Sie hatte eine unverwechselbare Stimme / Aussprache. Damit und mit ihrem Gespür für Mode, das sie ihren Zuschauern vermittelte, bleibt sie unvergessen.
Peter Kempe: ich schau mir seine Dokumentationen umgehend an, versprochen. Ich bin kaum auf Instagram & Co. unterwegs, daher ist dieser tolle Tipp sehr neu für mich. Auch dafür herzlichen Dank!
Ich denke, dass das Straßenbild der Mode – insbesondere auf dem Land, wo ich immer gelebt habe – so konform ist, weil sich viele Menschen angepasst haben. Sie nehmen morgens aus dem Schrank, was nicht besonders auffällt oder aus der Masse heraussticht. Ein bisschen das, was eben “alle” tragen. (Ich nenne das auch liebevoll-nachsichtig “die Beige-Fraktion”; ich hoffe, ich trete jetzt niemandem auf den Fuß mit meiner Bemerkung. Sie ist nicht wertend gemeint!) Vielleicht fehlt uns manchmal einfach ein wenig Mut, unsere ureigene Individualität auch durch Mode auszudrücken? Ich befürchte, ich falle allein durch meine Freude an aussagekräftigen Farben, auch und gerade im Winter-Wetter-Grau, schon auf, sobald ich durch den Ort spaziere – wenn ich mich durchaus auch im klassischen Stil zuhause fühle … ;O)
Herzlich, Sandra T.
Liebe Sandra,
es ist sicherlich so, dass viele einfach nicht auffallen möchten. Das finde ich persönlich sehr schade, denn auch ich mag kräftige Farben und ausgefallene Kleidung. Wie schön, dass wir da etwas gemeinsam haben. Ich wünschte nur vielen mehr Mut zum Auffallen, denn es tut auch einfach gut, sich schön und bunt zu kleiden.
Herzliche Grüße
Sybille
Liebe Sybille, da kann ich Dir nur in allem beipflichten.
Herzlich, Sandra T.