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Letztes Wochenende haben wir im Georg Schäfer Museum in Schweinfurt eine besonders spannende Ausstellung besucht, die ich Euch Würzburgern und Franken unbedingt ans Herz legen möchte: „Geliebte Tyrannin – Mode in Bildern des 19. Jahrhunderts“ präsentiert modische Malerei von der Französischen Revolution bis zum Ersten Weltkrieg. Mit den Tyranninnen sind natürlich nicht die Damen auf den Bildern gemeint, sondern die Mode, von der sie (gerne) diktiert wurden – Trompeusen und Keulenärmel, Krinoline, Turnüre, Humpelrock oder auch einschnürende Korsetts.
Die Silhouetten der modischen Damen änderten sich regelmäßig: Mal wurde die Brust betont, dann die Arme, die Taille oder der Po. Die Ladys eiferten griechischen Göttinnen nach, verwandelten sich in reizende Püppchen oder lebende Kunstwerke. Die Sonderausstellung „Geliebte Tyrannin – Mode in Bildern des 19. Jahrhunderts“ zeigt etwa 85 Zeichnungen, Druckgraphiken, Zeitschriften und Bücher. Der Fokus liegt dabei auf dem Blick der Künstler auf die Mode. Denn Kleidung ist für diese eines der wichtigsten Mittel zur Charakterisierung eines Menschen und zur Darlegung seiner Stellung innerhalb der Gesellschaft. Der Großteil der Exponate stammt aus dem Bestand des Museums.
1790-1817: Chemisenkleid und Schutenhüte
Jean-Jacques Rousseaus Aufforderung, zur Einfachheit zurückzukehren, fand auch in Bezug auf Kleidung viele Anhänger. Schon vor der Französischen Revolution entstand darum der Wunsch nach einer natürlicheren Kleidung. Die Silhouette der Damen erinnerte an antike Statuen. Um 1794 kam das Chemisenkleid auf: Unter locker fallenden, hemdartigen Kleidern aus feinem Stoff, trugen Mutige gar nichts, andere nur ein hautfarbenes Trikot. Nach 1789 setzte eine Demokratisierung der Kleidung ein. Die Kleidung wurde vom Geldbeutel vorgegeben, nicht mehr von Geburt und Rang. Doch je einfacher der Rock wurde, desto spektakulärer durfte der Hut sein. Ein Extrem waren die Schutenhüten – haubenartige Hüte mit Krempe, die das Gesicht der Dame rahmten und teilweise ganz verschwinden ließen.
1818-1840: Korkenzieherlocken und Elefantenärmel
Mit der Biedermeierzeit gewann Wien neben Paris und London als Modestadt an Bedeutung. Mehr und mehr bildete sich eine bürgerliche Mode heraus. Man huldigte der weiblichen Schönheit, die in zarten, blassen, puppenhaften Wesen gipfelte. Über den Schläfen der Damen hingen dicke Lockentuffs oder Korkenzieherlocken. In den 1830er Jahren wurden geflochtene Zöpfe wie Schnecken um die Ohren gelegt. Die Taille wanderte um 1820 dauerhaft an ihre natürliche Position zurück. Dadurch wurde nun wieder ein Korsett notwendig. Gleichzeitig wurden die Röcke weiter. Neues Lieblingsthema der Mode: Ärmel. Erst weiteten sie sich zu „Hammelkeulenärmeln“, dann zu „Elefantenärmeln“.
Josef Kriehuber, Junge Dame im Lehnstuhl, 1836, Aquarell über Bleistift und Goldfarbe auf Karton, 32,7 x 22,6 cm, Museum Georg Schäfer, Schweinfurt
1841-1878: Krinoline und Turnüre
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die industrielle Modefertigung. Nun richtete sich die Produktion nach dem allgemeinen Geschmack und der Kunde wählte aus einem bestehenden Angebot. Röcke wurden bis 1860 weiter und weiter, bis sie schließlich am Saum einen Umfang von bis zu zehn Metern erreichten. Danach wurden sie an der Hüfte enger und fielen erst ab dem Knie weiter. Die Damen strebten nun nach einem insgesamt schlankeren Erscheinungsbild. Mitte des 19. Jahrhunderts lag die ideale Taille bei 40 bis 55 cm Umfang. Dafür wurde gehungert und geschnürt. Die Folgen waren Atemnot und Ohnmachten sowie bleibende körperliche Deformationen. Um 1870 kam für etwa fünf Jahre die Turnüre in Mode. Zum vorgetäuschten Po kamen falsche Locken und Zöpfe.
Anton Muttenthaler, Ball des Albertvereins, 1868/70, Bleistift, Aquarell, 23,8 x 35,4 cm, Museum Georg Schäfer, Schweinfurt
1879-1914: Reformkleid und Humpelrock
1882 kehrte die Turnüre als „Cul de Paris“ („Pariser Hinterteil“) zurück, in den 1890ern entdeckte man Hammelkeulen- und Ballonärmel wieder. Doch auch der Wunsch nach bequemerer Mode lebte mehrfach auf. Einige herausragende Künstler, wie Henry van de Velde, beteiligten sich unter dem Motto „Kleidung statt Mode“ mit Entwürfen. Arbeitende Frauen in Großstädten trugen ab den 1880ern Kostüme mit Blusen. Emanzipierte Frauen kombinierten sie mit Krawatte und fuhren Fahrrad. Zum Rad- und Skifahren wurden um 1894 auch Pumphosen eingeführt. 1910 erfand der Pariser Modeschöpfer Paul Poiret den sogenannten „Humpelrock“, der nur sehr kurze Schritte erlaubte. Stufen konnten die Trägerinnen nur springend bewältigen. Zur gleichen Zeit erreichten Hüte extreme Dimensionen.
Friedrich August von Kaulbach, Frau in Landschaft, um 1880, Feder in Schwarz, graue Tusche, 42 x 18,3 cm, Museum Georg Schäfer, Schweinfurt
Verspätete Mode, in: Fliegende Blätter, Band LXXVIII 1883, Museum Georg Schäfer
La Mode en 1910. Le tout dernier chic. (Die Mode 1910. Der allerletzte Chic), 1910, Ansichtskarte, 14 x 9,5 cm, Privatbesitz
Hugo von Habermann, Damenporträt, um 1912, Kohle und Aquarell auf Transparentpapier, 42,2 x 30,6 cm, Museum Georg Schäfer, Schweinfurt
Museum Georg Schäfer
Brückenstraße 20
97421 Schweinfurt am Main
Öffnungszeiten: Di – So 10 – 17 Uhr, Do bis 21 Uhr
Eintrittspreis: 7,00 €
Bild-Credits: Museum Georg Schäfer Schweinfurt
Danke für diesen bezaubernden Beitrag!
Sandra T.